Help

jakob-lorber.cc

Kapitel 17 Die geistige Sonne, Buch 1

Die Sphäre eines neunten Geistes (Evangelist Markus). Geistige Gestaltung der Fleischesliebe

(Am 13. Dezember 1842 von 4 1/4 – 7 1/4 Uhr abends.)

1. Auch diesen neunten Geist sollt ihr in seiner Sphäre sehen und sprechen. Er wird euch herumführen in verschiedene Orte, allda ihr so manches erschauen und erkennen werdet, was euch bis jetzt noch fremd geblieben ist. Und aus dem werdet ihr auch so manches bisher Geschaute in einem helleren Licht erblicken.

2. Seht, da unser neuer gastlicher Freund schon dasteht, so begebt euch nur sogleich in seine Sphäre und folgt ihm nach seiner Weisung.

3. Ihr befindet euch nun schon in seiner Sphäre. So achtet denn, was dieser neue Führer zu euch spricht, indem er sagt: Liebe Freunde und Brüder, kommt, kommt mit mir zu schauen, was alles die unendlich große Vatergüte bewirkt und wie lieblich sie ist allenthalben! Freut euch über die Maßen, dass es dem Herrn gefallen hat, eurem Geist solches zu zeigen; denn ihr werdet es mit eigenen Augen erschauen, wie unergründlich die Wege des Herrn sind und wie unerforschlich die Ratschlüsse Seiner unendlichen ewigen Weisheit!

4. Seht links um euch herum, so weit nur eure geistigen Augen reichen, und sagt mir dann, was alles sich euren Augen zeigt. Ich sehe wohl, dass ihr ob der Größe des Anblicks verlegen seid und wisst nicht, wo aus und wo ein, wo anfangen und wo enden! Also will denn ich nach guter Ordnung euch die Dinge, die ihr schaut, wörtlich darstellen.

5. Gegen Mitternacht hin erblickt ihr eine ziemlich kahle Gegend; hohe, schroffe Gebirge türmen sich hintereinander auf und blicken wie drohende Richter in die herrlichen Ebenen herab. Hier und da zwischen den Bergen und auf den kleineren Hügeln entdeckt ihr Gebäude nach der Art eurer Wohnungen auf dem Erdkörper; hier und da, mehr gegen die Niederung herab, steht auch ein kleines Kirchlein. In der höheren Sphäre dieser Berge entdeckt ihr halbdunkle Wolken herumziehen, und über denselben scheinen die Berge aus lauter Schnee und Eis zu bestehen, etwa wie die hohen Gletscher bei euch auf der Erde. Ferner erblickt ihr diese ganze nördliche Gegend von einem großen und breiten Strom abgeschnitten von dieser Gegend, auf der wir uns soeben befinden.

6. Wenn ihr die Richtung dieses Stromes verfolgt, so kommt er aus der Gegend zwischen Morgen und Mitternacht hervor und richtet seinen Lauf nahe halbkreisförmig zwischen Abend und Mitternacht hin. Seine Fluten sind gewaltig wogend und stürmend, darum nur eine einzige fliegende Brücke oder vielmehr ein freies Schiff den Übergang möglich macht für diejenigen Bewohner, die jenseits des Stromes hausen.

7. Ihr möchtet wohl wissen, was das für Bewohner sind? Solches können wir ja sobald erfahren. Geht nur mit mir, der Kahn ist soeben diesseits und wir werden den Strom mit leichter Mühe überfahren. Ihr wollt solches, und seht, wir sind schon am Ufer des Stromes. Steigt nun nur recht beherzt in den Nachen herein, und scheut nicht die schäumenden Wogen, noch die schwarze Tiefe dieses Stromes. Wir werden den Nachen so geschickt leiten, dass uns auch nicht ein Tropfen in denselben hereinkommen soll.

8. Nun denn, ihr seid herinnen. Seht, die Fahrt geht ja besser, als ihr es euch gedacht hättet, denn wir sind schon in der Mitte des Stromes. Erschreckt euch aber nicht vor den Ungeheuern, welche ihre Häupter über die Wogen erheben, ihre Rachen gar gewaltig aufsperren, als wollten sie ganze Welten verschlucken; denn seht, wir sind nahe dem jenseitigen Ufer, und nun haben wir es auch völlig erreicht. Steigt nun ans Land vor mir, und ich will euch folgen und zugleich den Nachen an das Ufer befestigen.

9. Seht, wir sind nun auf dem Land. Dort, ziemlich tief in einem Tal erblickt ihr ein schmutziges Dorf, dorthin lasst uns gehen und beschauen, was es allda gibt. Seht, wir sind schon da; wie gefällt es euch hier? Ihr bekommt ein förmliches Fieber. Ich aber sage euch, da sieht es noch gut aus; es wird aber schon noch besser kommen.

10. Ihr sagt: Lieber Freund und Bruder! Wir sind schon mit dem zufrieden, denn die überaus schmutzigen Häuser des Dorfes sehen ja aus, als wie bei uns auf der Erde eine Brandstätte, allda ein Dorf in irgendeinem schlechtesten Winkel der Erde abgebrannt wäre. Und die Menschen, die wir hier erblicken, sehen ja doch so lumpig aus, dass man sich auf der Erde nicht leicht etwas Lumpigeres vorzustellen imstande ist. Da kommt eben ein Paar auf uns zu; der Mann ist halb nackt. Die nackten Teile seines Leibes sind überaus abgemagert und schmutzig, und über der Brust scheint er eine Brandwunde zu haben. Die Haare sind ihm auch über die Hälfte wie vom Feuer gesengt; auch das halbe Gesicht scheint verbrannt zu sein. Sein Begleiter scheint ein Weib zu sein. Herr! Welch eine klägliche weibliche Gestalt! Sie sieht ja doch aus, als wenn sie im Ernst schon drei Jahre lang wäre eingegraben gewesen. Nur über die Schultern hängen noch einige überaus schmutzige Lumpen herab und haben das Ansehen, als wenn sie soeben aus einer Kloake wären gezogen worden. Ihre ganz nackten Füße scheinen mehr fleischlose Knochen, als etwa nur einigermaßen befleischte Füße zu sein. Und ihre Arme, o Du lieber gerechter Himmel! Der eine ist ein purer halbverbrannter Skelettarm und der andere ist ja voll Eiter und Geschwüre. Und ihr Kopf, welch eine Physiognomie! Wahrlich, wer aus dieser irgendeinen Charakterzug außer dem des barsten Todes zu entnehmen imstande ist, der muss sich wahrlich in einem hohen Grad der Weisheit befinden.

11. Ja, meine geliebten Freunde und Brüder! Lasst euch diesen Anblick nicht gereuen; denn so sehen hier die Bewohner dieser Gegend noch am vorteilhaftesten aus, und dies ist somit nur ein erster Anfang des großen Elends, welches diese Gegend in sich birgt. Bewegen wir uns aber jetzt in das Dorf selbst hinein, und ihr sollt wahrhafte Wunderdinge schauen.

12. Seht, da ist eben das erste Haus. Seht einmal bei diesem niederen Fenster hinein, was erblickt ihr? Oho, ihr schaudert zurück; was ist es denn? Ich weiß es wohl; seht, hier gibt es keine Parfümeriegewölbe. Ihr seht auf dem Boden dieses Zimmers halbverweste menschliche Wesen durcheinander kauern und in ihrem stinkenden, von den Knochen halb abgelösten und abgefaulten Fleisch herumwühlen. Das ist freilich wohl kein löblicher Anblick. Aber es ist denn einmal nicht anders, denn so artet hier die Liebe des Fleisches.

13. Ihr fragt, ob diese Wesen denn gewöhnlich verloren sind? Ihr wisst ja, wie groß die Liebe und Erbarmung des Herrn ist! Seht, von allen diesen muss ihr Fleisch oder vielmehr ihre fleischliche Lust gänzlich auf die ekelhafteste Weise aufgezehrt sein, bevor sie in einen solchen Zustand kommen können, in welchem für sie eine Hilfe möglich ist.

14. Meint ihr etwa, diese von eurem Blick aus betrachtet höchst elenden Wesen fühlen sich etwa unglücklich in diesem Zustand? O mitnichten! Würden sie das fühlen, so möchten sie auch bald fliehen; denn so viel Kraft hat noch ein jeder, dass er erstehen und sich weiter gegen den Strom hin bewegen kann, dessen Wasser für sie eine reinigende und heilende Kraft hat. Allein die Fleischeslust ist ihr Element; und so nagen sie so lange auf ihrem Fleisch herum, bis es gänzlich verzehrt wird.

15. Ihr fragt: Haben diese Menschen wohl auch etwas zu essen, oder vermögen sie wohl noch irgendeine Speise zu sich zu nehmen? Da kommt nur her zum zweiten Haus und schaut beim Fenster hinein, und ihr sollt sogleich einer Mahlzeit ansichtig werden.

16. Nun, was seht ihr da? Aber ihr könnt doch nichts standhaft ansehen! Warum seid ihr denn gar so plötzlich vom Fenster zurückgesprungen? Ja seht, solches bringt auch die Fleischeslust mit sich. Ihr habt ja schon ein Sprichwort auf eurer Erde, allda manche sagen: Aber dieser und jener und diese und jene haben sich ja zum Fressen gern! Also könnt ihr euch ja hier nicht gar so entsetzen, so ihr gesehen habt, dass die Einwohner dieses Hauses gegenseitig ihre abgefaulten Fleischteile, welche voll Motten und Würmer waren, aufzehrten. So muss sich ja das Fleisch verzehren, wenn je noch das Fünklein besseren Geistes in ihnen soll frei werden.

17. Ihr fragt nun wieder, ob denn diese unglückseligsten Wesen keine Beschäftigung haben? Seht, auch solches werden wir erblicken. Da ist schon wieder ein anderes Haus. Seht da nur bei diesem halbzerfallenen Fenster hinein, und ihr werdet sogleich eine Beschäftigung der Bewohner dieses Hauses erblicken. Aber ihr flieht schon wieder vom Fenster hinweg. Was gibt es denn da schon wieder, das euch gar so schnell vom Fenster hinweg getrieben hat? Ist denn das was gar so Außerordentliches, wenn man im wahren Licht erschaut, wie die Bewohner dieses Hauses aus der stinkenden Bodenkloake abgelöste und halbverweste Fleischfetzen herausziehen, dieselben noch um die kahlen Knochen wickeln, und wenn sie irgendein Knochengestell wieder mit solchen vereiterten Fleischfetzen umwickelt haben, sodann sobald wieder der sinnlichen Begattung gedenken, und strengen alle ihre Kräfte an, um dadurch sich noch einen wollüstig fleischlichen Genuss zu verschaffen.

18. Warum wundert ihr euch denn gar so sehr über diesen Anblick? Geht es denn auf der Erde besser? O ihr solltet nur so manches zarte Fleisch mit den geistigen Augen betrachten können, welches auf der Erde so viel Aufsehen macht, und ihr würdet noch bei weitem größere Wunder erblicken denn hier!

19. Ihr fragt: Haben denn diese armen Wesen gar keinen Begriff vom Herrn und auch gar keine Sehnsucht nach Ihm? Da geht nur ein wenig vorwärts; seht, allda steht etwas auf einem Hügel wie eine schmutzige Ruine irgendeines Bethauses. Wir wollen uns derselben nähern; wer weiß, was alles Merkwürdiges wir darin entdecken werden! Seht, hier rückwärts gegen den Berg ist eine freilich wohl schon etwas verfallene Eingangspforte. Wir brauchen nur hineinzuschauen, und wir werden über eure Frage sogleich die gehörige Antwort bekommen. Na, ihr fallt ja hier gar zurück. Was habt ihr denn da gar so Wunderliches erblickt?

20. Ihr könnt ja kaum atmen, geschweige erst reden. Also müsst ihrs nicht immer machen, sonst werden wir in dieser unserer Wanderung eben nicht so bald ans Ende gelangen; denn was ihr hier gesehen habt, ist nichts mehr und nichts weniger als ganz natürlich. Denkt nur einmal nach; der fleischig sinnliche und begierliche Mensch trägt solches ja allenthalben mit sich herum. Wenn er auch in ein Bethaus geht, so mag er ansehen, was er will, und seine Fleischliebe wird dabei fortwährend tätig sein. Jeder Gegenstand wird von ihr nach ihrer Art bemalt; und so wird sich auch an jedem Gegenstand solch ekelhafte Liebe geistig erschauen lassen, den so ein sinnlich begierlicher Mensch nur immer angeblickt hat. Aus diesem Grund habt ihr auch in dieser Art Bethaus an der Stelle des Altars nichts als lauter beiderseitige Geschlechtsteile erblickt; ja ein überaus mager gestelltes kleinwinziges Kruzifixlein war von allen Seiten her mit solchen Lustteilen behangen und verziert. Und ihr habt sogar auch einige Menschen darin erschaut, welche wie in einem Kunstmuseum in diesem Bethaus sich herumschleppten und ihre Augen an den obgesagten Kunstgegenständen wie ganz in dieselben versunken und vertieft weideten.

21. Findet ihr etwa solches übertrieben? Ich sage euch: Da ist nicht die geringste Übertreibung, sondern die allerprunkloseste und buchstäblichste Wahrheit; denn so gibt es ja eine übergroße Menge Menschen bei euch auf der Erde, die wohl dann und wann des Herrn gedenken, besonders so sie irgendein geschnitztes Bild sehen, das Ihn freilich wohl nur grob außenmateriellst darstellt; wie lang aber dauert solche Erinnerung? Nur ein Blick auf ein auf irgendeiner Seite befindliches reizendes Weiberfleischchen, und sobald wird die Erinnerung an den Herrn wie dessen Bildnis mit allerlei reizenden Fleischteilen behangen und durchwebt sein! Auf der Erde verbirgt solches die Haut; aber für den Geist steht dies alles in der nackten Beschaulichkeit offen da.

22. Ihr fragt: Lieber Freund! Da tiefer in diesen schmutzigen Graben hinein gibt es ja noch eine Menge also verzweifelt zierlich aussehender Kneipen; ist da etwa eine Fortsetzung von diesen fleischlichen Löblichkeiten? – Meine lieben Freunde und Brüder! Es kommt bloß auf eine Probe an! Wir wollen, um auch diese Frage zu lösen, noch ein paar solche Paläste beschauen, und ich bin der Meinung, ihr werdet genug haben und für die noch übrigen, wie ihr seht, zahlreichen Palästchen sicher keine weitere Frage mehr stellen. Seht, wir sind schon bei einem. Blickt nur hinein, und ihr werdet euch erstaunen, was alles ihr da auf einen Blick erschauen werdet. Na, na, ihr fangt euch ja gar an hier zu krümmen, als wenn euch eine grimmige Kolik erfasst hätte! Was ist es denn? Ich finde nichts Neues; es sind ja Erscheinungen von eurer Erde, ganz so, wie sie dort vorkommen. Ihr seht hier nichts anderes als eine Menge Weiber über schmutzigen Brettern liegend, die noch ganz passabel fleischig aussehen. Nur der alleinige Umstand, dass ganz wütend sinnlich aussehende und wirklich seiende männliche Wesen zwischen den Weibern herumgehen und mit spitzigen Messern Löcher in das Fleisch der Weiber hineinschneiden und sodann in diese frischen Wunden ihre Genitalien applizieren; ferner dass Weiber den Männern die Hände binden, sie dann an einen Pfahl mit einem Strick befestigen, sich dann über die männlichen Geschlechtsteile hermachen und dieselben wie mit glühenden Zähnen zerfleischen, und dass noch ferner wieder umgekehrt die Männer den Weibern die Brüste ausreißen und dieselben an ihre Geschlechtsteile hängen, ja manche sogar schon am ganzen Leib mit solchen ausgerissenen weiblichen Brüsten behangen sind, und dass dieses Schandwerk freilich wohl gar stark blutig aussieht, ist aber auch alles, worüber ihr euch so entsetzt, also der ganze Umstand! Ihr sagt nun: Nein aber das ist denn doch etwas übertrieben! – Ich sage euch aber: Mitnichten; denn wenn ihr auf eurer Erde die fleischliche Begierde, wie verschieden dieselbe artet, nur auf einem Flächenraum von einer Quadratmeile mit geistigen Augen beschauen könntet, ihr würdet noch ganz andere Dinge zu sehen bekommen. Ihr könnt es glauben, wenn so manchen Erdbewohner nicht mit Strafen sanktionierte staatliche und bürgerliche Gesetze abhalten würden, wahrlich, ihr würdet Wunderdinge schauen, welch wahrhaft höllischer Erfindungen voll die fleischliche Lust ans helle Tageslicht treten würde!

23. Habt ihr noch Lust, das nächste Haus schon zu beschauen? Ihr schüttelt mit eurem Kopf, und so will ich euch denn auch nicht weiterführen, sondern sage euch nur kurzweg, dass ihr nichts Besseres, sondern stets nur Schlimmeres erschauen würdet. So würdet ihr z. B. schon in dem nächsten Haus alle möglichen Arten von den sogenannten Knabenschändungen erblicken. Wenn ihr weiterdringen würdet, da würdet ihr erschauen, wie allda junge Mägde dort von Fleischsüchtigen zur Unzucht verleitet und verlockt werden. Da aber jedoch der Anblick der ferneren fleischlichen Gräuel euch mehr schaden als nützen könnte, so ist es besser, dass ihr solches nicht schaut.

24. Solches aber muss ich euch dennoch berichten, dass, je weiter man da hineindringt, man die Menschen dem außen nach gewisserart noch stets fleischiger und vollkommener erblickt als dort weiter gegen den Strom zu. Der Grund liegt darin, weil diejenigen gegen den Strom zu schon mehr enthüllt und ihres Fleisches lediger sind denn diese, die da tiefer hinein wohnen.

25. Seht nur dahin, recht weit in diesen schmutzigen Graben hinein, da werdet ihr sogar einige mehrere Häuser in Flammen erblicken. Ihr fragt: Was bedeutet denn solches? – Das bedeutet, dass dort diese fleischliche Lust in Böses ausartet, welches da ähnlich ist der Eifersucht bei euch auf der Erde. In ein solches Haus dürftet ihr nicht hineinblicken; denn ein solcher Anblick würde euch in unvorbereitetem Zustand das Leben kosten! Somit haben wir in dieser Schlucht auch nichts mehr zu tun, und wollen uns daher fürs nächste Mal einem anderen Dorf nähern, und werden da sehen, wie es etwa dort zugeht. Ich sage euch: Macht euch ja etwa keine gute Hoffnung; denn allda werden wir noch ganz andere Dinge zu schauen bekommen! Und so lasst es gut sein!

Kapitel 17 Mobile Ansicht Impressum