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Kapitel 1 Bischof Martin

Bischof Martins irdisches Ende und seine Ankunft im Jenseits

Empfangen vom Herrn durch Jakob Lorber ab dem 27. Juli 1847.

1. Ein Bischof, der auf seine Würde große Stücke hielt und ebenso viel auf seine Satzungen, ward denn einmal zum letzten Mal krank.

2. Er, der selbst noch als ein untergebener Presbyter des Himmels Freuden mit den wunderlichsten Farben ausmalte – er, der sich gar oft völlig erschöpfte in der Darstellung der Wonne und Seligkeit im Reich der Engel, aber daneben freilich wohl auch die Hölle und das leidige Fegefeuer nicht vergaß, hatte nun – als selbst schon ein beinahe achtzigjähriger Greis – noch immer keinen Wunsch, von diesem seinem so oft gepriesenen Himmel Besitz zu nehmen; ihm wären noch tausend Jahre Erdenleben lieber gewesen als ein zukünftiger Himmel mit all seinen Wonnen und Seligkeiten.

3. Daher denn unser erkrankter Episkopus auch alles anwandte, um nur wieder irdisch gesund zu werden. Die besten Ärzte mussten stets um ihn sein; in allen Kirchen seiner Diözese mussten Kraftmessen gelesen werden, und alle seine Schafe wurden aufgefordert, für seine Erhaltung zu beten und an seiner statt fromme Gelübde gegen Gewinnung eines vollkommenen Ablasses zu machen und auch zu halten. In seinem Krankenlager-Gemach ward ein Altar aufgerichtet, bei dem vormittags drei Messen zur Wiedergewinnung der Gesundheit mussten gelesen werden; nachmittags aber mussten bei stets ausgesetztem Sanktissimum die drei frömmsten Mönche in einem fort das Breviarium beten.

4. Er selbst rief zu öfteren Malen aus: „O Herr, erbarme Dich meiner! Heilige Maria, du liebe Mutter, hilf mir, erbarme dich meiner fürstbischöflichen Würden und Gnaden, die ich trage zu deiner Ehre und zur Ehre deines Sohnes! O verlasse deinen getreuen Diener nicht, du alleinige Helferin aus jeglicher Not, du einzige Stütze aller Leidenden!“

5. Aber es half alles nichts; unser Mann verfiel in einen recht tiefen Schlaf, aus dem er diesseits nicht mehr erwachte.

6. Was hier mit einem Leichnam eines Bischofs alles für hochwichtige Zeremonien geschehen, das wisst ihr, und wir brauchen uns darum dabei nicht länger aufzuhalten; dafür wollen wir sogleich in der Geisterwelt uns umsehen und schauen, was unser Mann dort beginnen wird.

7. Seht, da sind wir schon – und seht, da liegt auch unser Mann auf seinem Lager; denn solange noch eine Wärme im Herzen ist, löst der Engel die Seele nicht vom Leib; denn diese Wärme ist der Nervengeist, der zuvor von der Seele ganz aufgenommen werden muss, bis die volle Löse von Seite des Engels vorgenommen werden kann; denn alles geht da den ordnungsmäßigen Gang.

8. Aber nun hat dieses Mannes Seele schon völlig den Nervengeist in sich aufgenommen, und der Engel löst sie soeben vom Leib mit den Worten „Epheta“, d. h.: „Tue dich auf, du Seele; und du Staub aber sinke zurück in deine Verwesung, und zur Löse durch das Reich der Würmer und des Moders durch sie. Amen.“

9. Nun seht, schon erhebt sich unser Bischof, ganz wie er gelebt hatte, in seinem vollen Bischofsornat und öffnet die Augen und schaut erstaunt um sich und sieht außer sich niemanden, auch den Engel nicht, der ihn geweckt hat. Die Gegend ist nur in sehr mattem Licht gleich dem einer schon ziemlich späten Abenddämmerung, und der Boden gleich dürrem Alpenmoos.

10. Unser Mann erstaunt nicht wenig über diese sonderbare Beschauung und spricht nun mit sich: „Was ist denn das? Wo bin ich denn? Lebe ich noch oder bin ich gestorben? Denn ich war wohl sehr stark krank und es kann sehr leicht möglich sein, dass ich mich nun schon unter den Abgeschiedenen befinde! Ja, ja, um Gottes willen, es wird schon so sein. O heilige Maria, heiliger Joseph, heilige Anna, ihr meine drei mächtigsten Stützen: Kommt, kommt und helft mir in das Reich der Himmel.“

11. Er harrt nun eine Zeitlang, sorglich um sich spähend, von welcher Seite die drei kommen würden; aber sie kamen nicht.

12. Er wiederholt den Ruf kräftiger und harrt; aber es kommt [immer] noch niemand!

13. Noch kräftiger wird der Ruf zum dritten Mal wiederholt, aber auch zum dritten Mal vergeblich!

14. Darob wird unserem Manne überaus bange, und er fängt an, etwas zu verzweifeln, und spricht in seiner stets mehr verzweifelten Lage: „Oh, um Gottes willen, Herr, steh mir bei! (Das ist aber nur sein angewöhntes Sprichwort.) Was ist denn das? Dreimal habe ich gerufen – und umsonst!

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