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Kapitel 70 Die Erde

16. Wer die Gabe der Weissagung hat, hat sie nur dann, wenn er sie braucht, und wenn er allzeit Mich zuvor darum bittet; denn niemand kann weissagen – denn Ich allein.

17. Wenn Ich dann die Worte dem Wiedergeborenen ins Herz und auf die Zunge lege, so wird er weissagen; sonst aber wird er reden wie jeder andere Mensch. Desgleichen verhält es sich auch mit den übrigen Gaben, wie schon früher bemerkt.

18. Aus dem allem geht aber auch hervor, dass das Reich Gottes nicht so schwer zu finden und zur Wiedergeburt auch eben nicht so schwer zu gelangen ist, als so mancher glaubt oder wenigstens der Meinung ist.

19. Aber Menschen mit dem sogenannten zweiten Gesicht sind nicht als Wiedergeborene zu betrachten bloß wegen ihres zweiten Gesichtes, das nur eine Folge ihres Nervensystems ist, durch das die Seele leicht – vermittelst des Nervengeistes – Anschauungen aus ihrem Seelenreich in den Leibesorganismus überträgt, weil eben dergleichen leicht erregbare Nerven in dieser Sache nicht hinderlich wirken. Starke Nerven können das freilich nicht, daher auch starknervige Menschen selten oder gar nie das sogenannte zweite Gesicht haben.

20. Das zweite Gesicht ist daher bei einem Menschen, der es besitzt, weder als etwas Gutes, noch als etwas Schlechtes zu betrachten, sondern es ist eine Art Krankheit des Leibes, zu welcher die Menschen meistens durch allerlei widrige Ereignisse im Verlaufe ihres irdischen Lebens gelangen. Große Traurigkeit, lange anhaltende Angst, große Schrecken u. dgl. m. sind gewöhnlich die Ursachen davon, manchmal aber auch künstliche Mittel wie Magnetismus, Berauschung und dann und wann Betäubung durch eigene narkotische Kräuter. Kurz und gut, dergleichen Zeichen sind durchaus nicht als Zeichen der Wiedergeburt zu betrachten, was schon aus dem zu entnehmen ist, dass dergleichen Visionäre ihre geschauten Bilder wohl ungefähr also erzählend darstellen, wie sie ihnen zu Gesicht kamen; aber es liegt in all ihren Erzählungen nirgends irgendein Grund als vorhanden, auf den sie gebaut wären, und dann vermissen dergleichen Erzählungen, wenn sie auch noch so seltsam klingen, allen Zusammenhang und liegen untereinander wie Blätter in einem Wald, wenn sie den Bäumen entfallen sind.

21. Der Grund aber liegt darin: Weil bei dergleichen Individuen ihr Geist und ihre Seele noch nicht miteinander verbunden sind, so liegt auch in ihren Anschauungen kein Grund und keine Verbindung als anschaulich und wohlbegreiflich vor jedermanns Augen, während aus dem Munde eines Wiedergeborenen, wenn auch zum Teil nur erst, jede Darstellung geistiger Dinge den rechten Grund und den vollsten Zusammenhang beurkundet.

22. Das ist demnach auch ein Zeichen der eigentlichen Wiedergeburt und ein sehr bedeutender Unterschied zwischen einem bloßen Visionär. Daher muss man aber auch als Folge der Wiedergeburt nicht irgend läppische Wunderdinge erwarten, sondern ganz natürliche Früchte eines gesunden Geistes und einer durch ihn gesund gewordenen Seele; alles andere gehört ins Narrenhaus.

23. Der Wiedergeborene weiß es, dass man mit den Gaben des hl. Geistes keinen Taschenspieler machen darf; daher wendet er dieselben nur dann an – und gewöhnlich im Geheimen nur –, wenn sie vonnöten sind.

24. Wer aber die Wiedergeburt erreichen möchte wegen wie immer gearteter kenntlicher Wundereigenschaften, der darf versichert sein, dass ihm diesseits solche Gnade nicht zuteilwird; denn das hieße buchstäblich die alleredelsten Perlen den Schweinen zum Futter vorwerfen.

25. Liebe zu Mir, große Herzensgüte, Liebe zu allen Menschen, das ist in einem Bündel beisammen das richtige Zeichen der Wiedergeburt; wo aber dieses fehlt, und wo die Demut noch nicht für jeden Stoß stark genug ist, da nützen weder Heiligenschein, noch Kutte, noch Geistervisionen etwas, und alle dergleichen Menschen sind dem Reich Gottes oft ferner als manche andere mit einem sehr weltlich aussehenden Gesicht; denn, wie gesagt, das Reich Gottes kommt nie mit äußerem Schaugepränge, sondern lediglich inwendig, in aller Stille und Unbeachtetheit, in des Menschen Herzen.

26. Dieses prägt euch so tief als ihr nur immer könnt in euer Gemüt, so werdet ihr das Reich Gottes viel leichter finden als ihr es meint. Aber wenn ihr unter dem Reich Gottes euch allerlei lächerliche Wunderdummheiten vorstellt und dieselben erwartet – und sie doch nicht kommen, so müsst ihr es euch selbst zuschreiben, wenn bei einem oder dem anderen aus euch das Reich Gottes verzieht. Denn in dergleichen Albernheiten ist das Reich Gottes ja doch nie verheißen worden; in dem es aber verheißen ist, in dem lässt es sich auch leicht finden. Aber es gibt da viele, die sich beim Suchen des Reiches Gottes geradeso verhalten wie manche Zerstreute, die ihren Hut suchen, während sie ihn schon auf dem Kopf haben.

27. Dergleichen Visionen, die ein Wiedergeborener hat, sind alleinig gerecht; alle anderen aber können erst dann zur Gerechtigkeit gelangen, wenn sie von einem wiedergeborenen Geist erleuchtet werden. Darauf ist zu gehen und zu halten; aber auf alle anderen Visionen, Träume und andere Wahrsagungsmittel ist nichts zu halten, weil sie lediglich von dem argen Gesindel herrühren, das in zahllosen Gelegenheiten das menschliche Fleisch bekriecht und durch dasselbe die leichtgläubige Seele mit allerlei Schmutz und Unflat bekleistert.

28. Wie aber jedermann auf dergleichen Torheiten nichts halten soll, so soll er aber doch alles halten auf das Wort eines wahrhaft Wiedergeborenen, weil dieser nichts gibt, als was er empfängt; der andere aber nur gibt, was er selbst zu schaffen wähnt.

29. Wer da großartig sagt: „Ich sage es, und dies ist mein Werk!“, dem glaubt es nicht; und so jemand spricht, als spräche er im Namen des Herrn, tut es aber eigentlich doch nur seiner Ehre und seines Vorteiles wegen, dem glaubt auch nicht.

30. Wer aber da spricht ohne Eigennutz und ohne eigene Ehrsucht: „Der Herr spricht es!“, dem glaubt es, besonders wenn dabei nicht auf das Ansehen der Person geachtet wird; denn der Wiedergeborene kennt nur das Ansehen des Herrn; alle Menschen aber sind seine Brüder!

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