Help

jakob-lorber.cc

Kapitel 71 Die Erde

14. Wenn aber es einen bösen Feind gibt, an dem alle Verzeihung fruchtlos ist, da solle der Mensch sagen: „Der Herr vergelte es dir nach deinen Werken!“, – und darin besteht die Vorenthaltung der Sünde.

15. Frage: Ist diese Vollmacht wohl ein erteiltes Richteramt? O nein, das ist nur eine Vollmacht der höchsten Nächstenliebe oder einer Liebe, die Meiner göttlichen gleichkommt, – aber ewig nie ein Richteramt, welches Ich Selbst von Mir hintangeschoben habe und habe es eben darum umso weniger einem Menschen erteilt.

16. Ich habe aber diese höchste Liebesvollmacht eben aus Meiner höchsten Liebe darum den Menschen gegeben, damit die Menschen untereinander selbst sich desto leichter wahrhafte Brüder in Meinem Namen werden könnten; denn bei den Juden konnte niemand, außer allein der Hohepriester, eine Sünde, die ein Mensch an dem anderen beging, wieder sühnen, und das nur zu gewissen Zeiten und durch bestimmte Opfer. Und zwei Menschen, die gegeneinander gesündigt haben, blieben so lange Feinde, als bis sie der Priester und das Opfer nicht versöhnt hat.

17. Wie misslich war dieser Umstand – der freilich mehr eine falsche Auffassung des Gesetzes, als das Gesetz selbst war – für solche Menschen, welche nicht selten viele Tagereisen von Jerusalem entfernt lebten! Um diesem alten Missbrauch des Gesetzes kräftigst zu begegnen und den Menschen ihre Bürde möglichst zu erleichtern, habe Ich demnach jedem Menschen die höchste göttliche Liebesmacht damit gegeben, dass jeder seinem Beleidiger von ganzem Herzen verzeihen kann, und dass diese Verzeihung auch für alle Himmel gültig ist.

18. Wer wohl kann daraus eine Vollmachtserteilung herausbringen, die sich ein Richteramt aneignet? Oder wenn Ich so etwas getan hätte, hätte Ich da nicht Mir Selbst widersprochen, so Ich auf der einen Seite alles Richten verdammte, auf der anderen Seite aber hätte Ich es dennoch als unerlässliche Bedingung zur Seligwerdung anbefohlen? Sowas ließe sich wohl kaum von einem blöden Menschen erwarten, geschweige erst von der allerhöchsten Weisheit Gottes.

19. So Ich sagte: „Nehmet hin den heiligen Geist!“, so hieß das so viel und heißt es noch: „Nehmet hin die höchste Kraft Meiner göttlichen Liebe! Was ihr löst auf Erden, das soll gelöst sein, und es bedarf da weiter keines Opfers und Hohepriesters mehr; und was ihr bindet an euer Herz, und was ihr bindet in der Welt, das soll auch im Himmel gebunden sein!“

20. Hier ist unter Lösen und Binden nicht einmal die Vergebung und Vorbehaltung einer Sünde zu verstehen, sondern das Lösen ist ein Freimachen und Binden das Annehmen.

21. Wenn z. B. jemand Mir etwas schuldet als ein Mensch einem Menschen, so kann der Mensch den Menschen von der Schuld frei machen. Oder so da wäre irgendein Heide, so kann ein Christ ihn, so er Christus bekennt, vollkommen frei machen und kann ihn alsogleich in die Gemeinde aufnehmen oder ihn binden im Herzen mit der Allkraft der göttlichen Liebe. Das zu tun hat jeder rechtgläubige Christ, der an Mich glaubt, Mich liebt und in Meinem Namen getauft ist, vollgewichtig das Recht, ohne darob sich an den Hohepriester zu wenden, dem allein es früher zukam, fremde, heidnische Menschen in das Judentum aufzunehmen durch die Beschneidung.

22. Solche Vollmacht geschah darum – wie schon oben gezeigt –, dass dem Menschen das Leben so viel als möglich erleichtert würde und er sich allenthalben sein Gewissen reinigen und ein wohlgemütliches Leben führen könnte.

23. Wer aber kann da ein noch lästigeres Richteramt herausleiten, als es das frühere jüdische war? Wo solches besteht, besteht es wider alle Meine Anordnung, und wer daran teilnimmt, der richtet sich selbst, so er meint, dadurch seiner Sünden ledig zu werden, wenn er sich freiwillig hat richten lassen. Eine solche Richteranstalt wird für ihn zu einer wahren Sündensparkasse; denn wie kann ein Dritter jemandem eine Schuld erlassen, die ein Zweiter an den Ersten schuldet? Der Erste kann wohl die Schuld dem Zweiten nachlassen, aber der Dritte in Ewigkeit nie. Ein Dritter aber kann, wenn ein Erster und Zweiter oder der Gläubiger und der Schuldner dumme Menschen sind, wohl einen Rechtsfreund machen und kann sie ausgleichen durch guten Rat und durch gute Tat; aber von Sündenvergeben kann da nie eine Rede sein, außer der Gläubiger hätte ihn aus dem Grunde seines Herzens dazu bevollmächtigt.

24. Wenn aber Jakobus aus Meinem Geiste ein Sich-gegenseitiges-Sündenbekennen anempfiehlt, so ist darunter noch lange keine Beichte zu verstehen, sondern nur eine gegenseitige vertrauliche Mitteilung eigener Gebrechen und Schwächen, um dafür von dem stärkeren Freund und Bruder ein recht stärkendes Gegenmittel im Geist und in der Wahrheit zu bekommen. Seht, dazu braucht jemand weder priesterliche noch exorzistische Weihen, und das Apostelamt selbst ist nur ein brüderliches Lehramt, aber kein hebräischer und heidnischer Gold-, Silber- und Edelgesteinpomp.

25. Dass die Lehrer der Gemeinde sich im höchsten und reichsten Pomp zeigen sollten, hat Jakobus sicher nicht gemeint, da er den Gemeinden ein gegenseitiges Gebrechen- und Schwächenbekenntnis anriet; er wollte damit nebst dem ärztlichen Zweck auch den der gegenseitigen Demütigung erreicht haben, dass sich nicht ein Bruder vor dem anderen wie der Pharisäer im Tempel hervortun sollte, sondern gleich sein dem demütigen Zöllner.

26. Da ist also von keiner Beichte, wie schon oben bemerkt, die Rede; wohl aber ist es nicht nur den Aposteln, sondern jedermann anbefohlen, wenn es nötig ist, einen ungerechten Haushalter zu machen, welcher nebst anderem sich hauptsächlich darin kundtun solle: So da irgend sehr schwachsinnige Menschen an ihren Brüdern gesündigt haben, diese aber gestorben wären, entweder leiblich oder geistig – bei welchem Umstand an eine Schuldnachlassung gegen ihre schwachsinnigen Beleidiger nicht mehr zu denken ist –, da wohl kann ein Dritter zu den Schwachen treten und ihre vermeintliche große Schuld ganz klein schreiben. Der wird an ihnen ein Werk der wahren christlichen Barmherzigkeit ausüben, besonders wenn er sie zu Mir wendet; in jedem anderen Falle aber soll sich ein Dritter nicht als Schuldnachlasser zwischen zwei Brüder mengen. Wenn er das tut, so soll alle Sünde der zwei auf ihn gelegt sein, weil er sie richten, aber nicht bessern wollte.

27. Dies ist ganz gründlich das leichte Verständnis, was es mit der anbefohlenen Sündenvergebung für ein Bewandtnis hat. Nächstens noch etwas darüber und mehreres vom falschen Prophetentum.

Kapitel 71 Mobile Ansicht Impressum