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Kapitel 72 Die Erde

10. Ein solcher ist gleich jenen Pharisäern, Schriftgelehrten und Priestern der Juden, die dem Volk die größten und schwersten Lasten aufbürdeten, durch deren unmögliche Tragung das arme Volk einzig und allein den Himmel gewinnen könnte; sie selbst aber rührten solche Lasten nicht mit einem Finger an. Diese sind es, die die Pforten des Reiches Gottes versperren, jeden, der hinein möchte, mit höllischem Zornfeuer hintantreiben und selbst auch nicht hinein wollen. Dafür aber werden sie auch, wie es geschrieben steht, dereinst desto mehr Verdammnis empfangen.

11. Zu dieser Klasse gehören aber auch jene falschen Propheten, die den armen, einfältigen Menschen predigen mit großem Ernst und Eifer: „Geht dahin oder dorthin und verrichtet bei diesem oder jenem Gnadenbild eine sogenannte Wallfahrt und vergesst ein nach Kräften reichliches Opfer nicht zu Hause, so werdet ihr bei jenem Bild – gewöhnlich zuallermeist eine Maria vorstellend – die Vergebung eurer Sünden erlangen und noch andere unbeschreibliche Gnaden für euren Haushalt in großer Menge.

12. Wenn dann das arme, blinde Volk einem solchen Eselsgeplärr von einem falschen Propheten, wie Erfahrung lehrt, wirklich scharenweise folgt und am Ort, wo die Gnaden ausgeteilt werden, noch gewöhnlich ein größeres Eselsgeplärr von Mirakeln und zahllosen Gnadenausspendungen vernimmt und auf diese Weise in seinem Geiste nicht selten ganz totgemacht wird, da sage Ich: Solche falsche Propheten sollen einst ihren gehörigen Lohn finden; denn diese wissen nichts und wollen nichts wissen, wie man Gott im Geist und in der Wahrheit anbeten soll. Sie sind nichts als von der Welt privilegierte Diener des Mammons. Ihr Gnadenbild, von Menschenhand gewöhnlich schlecht und unästhetisch verfertigt, ist ihnen bei weitem mehr als Gott; denn das Bild trägt ihnen Geld, Gott aber nicht, weil Er ohnehin überall der Gleiche sei.

13. Diese werden einst sehr viel Lohn der Pharisäer bekommen! Alle, die dergleichen lehren und das Volk zu den Bildern kehren, sind die vollkommensten Antichristen und falsche Propheten, vor denen sich jedermann wie vor der Pest hüten solle, weil sie die Kunst verstehen, durch allerlei Prunkwerk das Volk zu berücken und durch falsche Wunderwerke im Geiste zu töten.

14. Daher sollt ihr dergleichen Orte nicht besuchen; denn sie sind voll von ansteckender Geistespest.

15. Glaubt es nicht, dass da irgendjemand Hilfe finden kann; denn helfen kann ja doch nur Ich allein, der Ich ein ewiger Feind alles Götzentums bin. Wie möchte Ich da wohl einem hölzernen Bild, von Menschenhand verfertigt, Wunderkraft verleihen? So Ich jemandem eine verleihen möchte, so wäre es ein rechter Mensch; nicht aber einem Schnitzwerk, das viel niedriger ist als das allergeringste Tier, welches doch Leben und Bewegung hat. Ja es ist viel weniger als ein Grashalm und weniger als ein Stein. Dieser ist, was er ist, somit in seiner Ordnung; aber ein Bild ist das nicht, was es vorstellt. Denn das Bild ist Holz, und stellt aber einen Menschen dar und wird darum verehrt und angebetet, weil derjenige, den es darstellt, ein Tugendheld war.

16. Also ist der Bilderdienst eine noch abscheulichere Abgötterei als jene der alten Heiden. Diese machten sich wohl Götter aus Metall, Stein und Holz, weil sie den wahren Gott nicht kannten. Sie zwang also ein inneres Bedürfnis für einen wahren Gott zu diesem Machwerk; die gegenwärtige Menschheit aber hat und kennt Gott und weiß, dass Er der alleinige Herr ist, verehrt aber dennoch Schnitzwerk. Was sollte man zu solchen Menschen sagen? Nichts als: Sie sind dem Erzfeind Gottes gleich, der Gott auch gar wohl kennt; aber statt Ihn zu lieben und allein anzubeten, verachtet er Ihn und feindet Ihn allwegs an.

17. Den Dummen aber soll die Dummheit dennoch nicht angerechnet sein; dafür aber desto mehr denen, die sehen und Licht haben, aber dennoch nicht sehen wollen und das Licht, wo es nur immer ist, auslöschen.

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