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Kapitel 1 Großes Evangelium Johannes, Buch 2

Aufenthalt Jesu und der Seinen in Kis und Nazareth

1. – Über die Bestrafung der Verbrecher

1. Spät am Abend kommen die Schätze aus der Höhle des Kisjonah an, bestehend in Gold, Silber und in einer schweren Masse geschliffener und ungeschliffener Edelsteine von großem Werte; denn es sind bei drei Pfund geschliffener und bei sieben Pfunde ungeschliffener Diamanten, ebensoviel gleich zuständige Rubinen, noch einmal soviel Smaragde, Hyazinthe, Saphire, Topase und Amethyste, und bei vier Pfunde wie starke Erbsen große Perlen. Des Goldes aber waren über zwanzigtausend Pfunde und des Silbers fünfmal soviel.

2. Als Faustus diesen horriblen Reichtum in Augenschein nimmt, schlägt er die Hände über dem Haupte zusammen und spricht: „O Herr! Ich habe als der Sohn eines der reichsten Patrizier von ganz Rom doch auch Gelegenheit gehabt, große Schätze dieser Erde zu Gesichte zu bekommen; aber so was hat mein Auge noch nicht geschaut! Das geht über alle Pharaonen und über die Fabel vom Krösus, der sich am Ende vor lauter Reichtum nimmer zu helfen wußte und sich im Ernste einen Palast aus Gold erbaut hätte, wenn sein Sieger ihm das zu viele Gold nicht abgenommen hätte.

3. Jetzt sage Du, o Herr, dem alle Dinge bekannt sind, mir armem Sünder, wie möglich diese zwölf Knechte des Satans zu solchen Schätzen gekommen sind! Auf eine nur einigermaßen ehrliche Weise kann das doch nimmer möglich sein, und in einer kurzen Zeit auch nicht! – Wie sonach war solches möglich?“

4. Sage Ich: „Freund, kümmere dich nun nicht mehr darum! Es lohnt sich auch wahrlich nicht weiter mehr der Mühe, dieses Satansdrecks wegen noch mehrere Worte zu verlieren. Daß dabei aber kein ehrlicher Stater weilt, des kannst du vollends versichert sein. Durch was für tausenderlei schändlichste Lumpereien diese Natternbrut, dieses Schlangengezüchte, aber das alles zusammengerafft und -geraubt hat, wäre eine zu weitläufige Sache, so man das Punkt für Punkt dartun sollte.

5. Daß sie Spitzbuben von der allerdurchtriebensten Art sind, darüber wirst du hoffentlich keinen weiteren Zweifel haben; wie sie aber gewisserart noch mehr als Spitzbuben sind, das braucht kein Mensch mehr zu wissen. Sie haben nach den Gesetzen Roms schon lange den zehnfachen Tod verdient, bloß wegen des Verbrechens der Beraubung der kaiserlichen Steuerkarawane; und dieser Raub, den wir jetzt in den unermeßlichen Schätzen vor uns haben, ist um kein Haar besser, wennschon gerade nicht so offen die kaiserlichen Steuergelder betreffend.

6. Wenn du sonach auch alles wüßtest, so kannst du sie dafür doch unmöglich öfter denn einmal töten. Du kannst wohl die Marter verschärfen, aber wozu? Ist die Marter schärfster Art – um in eurer Gerichtsweise zu sprechen –, so ist sie auch alsbald tödlich, und ist sie gelinderer Art, aber dafür andauernder, nun, so verspürt der Sträfling eben nicht viel mehr davon als du von einer dich belästigenden Fliege; denn die vor dem sicheren Tode ihres Leibes sich über alle Maßen fürchtende, wenn auch noch so materielle Seele zieht sich alsbald zurück in ihre innersten Gemächer und fängt freiwillig an, sich von ihrem Leibe, in dem kein Bleiben mehr ist, loszulösen, und der Leib wird bei solchen Gelegenheiten völlig unempfindlich. Du kannst dann solch einen Leib quälen wie du willst, so empfindet er wenig oder auch gar nichts mehr davon. Versetzest du den Leib der Seele aber augenblicklich in einen großen Schmerz, so wird solches die Seele nicht lange aushalten, sondern sogleich einen gewaltigen Riß tun, und du kannst dann einen völlig toten Leib sieden und braten, und er wird nichts mehr fühlen von der Strafe.

7. Ich bin deshalb nicht für die Strafe mit dem Tode, weil diese weder für den Getöteten von irgendeinem Belange ist, und noch weniger irgendeiner Gerechtigkeit zum Schild und Nutzen dient; denn einen hast du getötet, – und Tausende haben dir darum Rache geschworen! Aber einen Verbrecher unter eine allerschärfste Zuchtrute stellen und diese nicht ruhen lassen, bevor nicht eine gänzliche Besserung eingetreten ist, für das bin Ich aus der notwendigen göttlichen Ordnung ganz und gar sehr! Eine rechte Zuchtrute zu rechter Zeit völlig gerecht angewendet, ist besser als Geld und reinstes Gold; denn durch die Zuchtrute wird die Seele von ihrer Materie mehr und mehr losgestäupt und wendet sich endlich zu ihrem Geiste. Und hat solches die Zuchtrute bewirkt, so hat sie eine Seele vor dem Untergange und sonach den ganzen Menschen vor dem ewigen Tode gerettet.

8. Darum soll ein jeglicher Richter nach der Ordnung Gottes auch den größten Verbrecher nicht mit dem Tode des Leibes, der zu nichts taugt, sondern allzeit mit der Rute strafen nach dem Maße des Verbrechens. Tut er das, so ist er ein Richter der Menschen zum Himmel, tut er aber das nicht, – ein Richter zur Hölle, wofür er von Gott wahrlich ewig nie einen Lohn haben wird; sondern: für das Reich er gerichtet hat die Menschen, von demselbigen Reiche soll er auch den Lohn empfangen! – Nun weißt du genug, und laß nun die Schätze verwahren! Morgen werden auch die von Chorazin anlangen, und es soll dann sogleich die Verteilung und die Absendung all dieses Teufelsdrecks geschehen. – Nun aber begeben wir uns in den Speisesaal; denn das Abendmahl harret schon unser! Wahrlich, diese ganze Geschichte ist Mir schon überlästig, und Meine Zeit drängt Mich schon nach Nazareth!“

9. Sagt Faustus: „Herr, daß Dir diese scheußliche Geschichte über alle Maßen zuwider sein muß, sehe ich nur zu gut ein; aber was kann man tun, wenn die Sache sich einmal so gestaltet hat? Übrigens bitte ich Dich, mein Herr und mein größter und bester Freund, daß Du nicht eher von hier ziehest denn ich; denn ohne Dich vermag ich fürs erste nichts, und fürs zweite würde mich ohne Dich die schrecklichste Langeweile trotz meines liebsten Weibchens hier töten! Darum bitte ich Dich, daß Du nicht eher diesen Ort verlassen wollest, als bis ich mit dieser allerlästigsten Geschichte zu Ende sein werde! Mit Deiner Hilfe hoffe ich, morgen bis Mittag mit allem in der Ordnung zu sein!“

10. Sage Ich: „Ganz gut! Aber Ich will von all den Schätzen und den elf Pharisäern nichts mehr sehen; denn es ekelt Mich davor mehr denn vor einem Aase.“

11. Sagt Faustus: „Dafür soll gesorgt sein!“

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