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Kapitel 3 Der Mond

Die Tiere des Mondes

Am 9. Mai 1841

1. Was die Tiere betrifft, so gibt es derselben, wie schon im Anfang bemerkt wurde, so wie auf der Erde viele Arten und Klassen, sowohl in der Luft, Monderde und im Wasser.

2. Unter allen diesen Tieren ist nur eine zahme Gattung unter dem Namen – nach eurer irdischen Sprache – „Mondschaf“; alle anderen Gattungen sind nicht zahm, d. h., sie befinden sich nicht dienstbar in der menschlichen Gesellschaft. Dieses Mondschaf ist – wie schon bemerkt – den Mondbewohnern das, was das Rentier den nordischen Völkern ist. Seine Gestalt ist folgende: Der Leib ist ganz vollkommen rund wie ein gefüllter Mehlsack. Dieser Leib wird von vier Füßen getragen, welche nicht länger als eine Spanne sind, und sind versehen mit vier Klauen. Der Kopf ist vollkommen einem Erdschaf ähnlich und sitzt auf einem eine Elle langen und eine Viertelelle von oben nach unten breiten Hals. Es hat zwei lange Ohren, ähnlich denen eines Esels. Auf dem Kopf trägt es nur ein Horn, welches nach allen Richtungen mit fingerlangen, sehr spitzigen Auswüchsen versehen ist. Ferner noch hat es einen löwenartigen Schweif, welcher am Ende mit einem reichen Haarbüschel versehen ist. Seine Farbe ist weiß, und mit Wolle – gleich euren Schafen – ist der ganze Tierleib versehen.

3. Nun, was ist wohl seine Nützlichkeit? Seine Nützlichkeit ist für den Mondbewohner von der größten Bedeutung. Denn fürs Erste nährt es ihn mit seiner reichlichen, goldgefärbten Milch. Fürs Zweite bereitet der Mondmensch aus dessen reichlicher Wolle alle seine Kleidung, welche in einer Art Hemd und Mantel besteht und ist gleich beim männlichen und weiblichen Geschlecht. Fürs Dritte lockert es mit seinem Horn die Erde auf, und die Menschen werfen dann den Samen ihrer Wurzelfrüchte in das aufgelockerte Erdreich, welche Früchte dann – wie schon gesagt – in der kurzen Zeit von euren vierzehn Tagen zur vollen genussbaren Reife gelangen. Ein solches Tier wird nicht selten dreihundert Mondtage alt. Wenn es aber stirbt, so wird ihm das Fell abgezogen und wird zu Betten verwendet in den unterirdischen Gemächern; das Fleisch aber wird auf einen Insektenhaufen geschleppt, welche Insekten euren Ameisen nicht unähnlich sind. Diese Insekten verzehren in kurzer Zeit alles Fleisch von den Knochen. Wenn nun dieser Akt vor sich gegangen ist, alsdann kommen wieder die Menschen und nehmen die Knochen samt dem Horn mit sich und verfertigen ihre nötigen Werkzeuge daraus. Das ist die gesamte Nützlichkeit dieses zahmen Tieres.

4. Es gibt noch eine Menge Tiere auf der Monderde, welche mehr oder weniger Ähnlichkeit mit den Tieren der Erde haben; nur sind sie alle viel kleiner als die Tiere auf der Erde und auch sämtlich kleiner als das schon bekannte Schaf, welches alldort auch gleichsam der König unter den Tieren ist. Aus allen den Monderdtieren sind besonders zwei bemerkenswert, d. h. neben dem Schaf, und das ist fürs Erste der dreifüßige Maulaffe und fürs Zweite der einfüßige Ducker und Springer.

5. Der dreifüßige Maulaffe ist von der körperlichen Größe einer Katze. Sein Kopf gleicht dem eines Erdaffen, nur mit dem Unterschied, dass sich sein Maul bis auf den halben Hals spaltet. Seine zwei vorderen Füße gleichen vollkommen den Affenpfoten; was aber seinen einzelnen Hinterfuß betrifft, so gleicht dieser einem Elefantenrüssel und kann bis auf eine Spanne zusammengezogen werden – allwann er auch zum ganzen Tier ganz unverhältnismäßig dick wird –, kann aber im entgegengesetzten Falle zu einer Länge von drei Klaftern ausgedehnt werden.

6. Ihr werdet nun freilich fragen: Wozu eine so sonderbare Gestalt einem Tier? – Allein es soll nicht schwer werden, euch dieses Rätsel zu lösen. Seht, wie schon bekannt, ist die Temperatur des Mondes eine ganz andere als die Temperatur der Erde; denn im Verlaufe eines Zeitraumes von nahe achtundzwanzig Tagen der Erde wird die Monderde von klaftertiefem Schnee überdeckt, darauf in den nächsten sieben Erdtagen oft nach allen Richtungen überschwemmt und wieder bald darauf von einer unausstehlichen Sonnenhitze heimgesucht.

7. Nun seht, dieses erwähnte Tier muss seiner Bestimmung wegen sich mit seinem Kopf stets in der atmosphärischen Luft befinden, daher es eben dieses rüsselartigen Fußes bedarf; denn zur Zeit der Nacht oder des Winters steht es auf seinem verlängerten Fuß, über die Oberfläche des Schnees hinausreichend, lockt da eine Gattung Nachtvögel, welche den kleinen Erdfledermäusen nicht unähnlich sind, in seine Nähe, fängt sie da oder lässt sie vielmehr in sein weit aufgesperrtes, wohltätige Wärme hauchendes Maul fliegen und verzehrt sie da auch alsobald. Seht, das ist die eine Bestimmung dieses langen Fußes.

8. Wenn aber der Schnee zu schmelzen hat angefangen, und das Wasser oft mehrere Schuh hoch die meilenweiten Ebenen, welche auch auf der bewohnbaren Seite des Mondes von hohen Gebirgsringen umfasst sind, überdeckt, alsdann muss dieses Tier ja wieder vermöge dieses Hinterfußes mit seinem Leib über die Oberfläche des Wassers reichen, damit es nicht ersäuft. Zur Zeit der Tageshitze aber begibt es sich in die Flüsse und steht da oft mehrere Tage lang also im Wasser, dass es mit dem Kopf und den zwei Pfoten außer der Oberfläche des Wassers sich befindet. Steigt das Wasser, so verlängert es seinen Fuß, und fällt dasselbe, so macht es den Fuß in dem Verhältnis eben auch kürzer, und versiegt ein solcher Fluss oft ganz, alsdann bewegt es sich also weiter, dass es sich durch die möglichste Verlängerung des Hinterfußes vorwärtsschiebt. Dann hält es sich mit den Vorderfüßchen so lange fest an irgendeinem Erdgegenstand, bis es den Rüsselfuß vollends an sich gezogen hat, allwann es dann wieder die vier langen Zehen am Ende des Hinterfußes in die Erde gesteckt hat, und sodann wieder den ganzen Leib ziemlich behände vorwärtsschiebt. Diesen Gang geht es so lange fort, bis es wieder ein Wasser erreicht hat, wo es dann schnell wieder sich mit dem Hinterfuß in dasselbe auf die früher erwähnte Art begibt. Seine Nahrung am Tag ist eine Art von fliegenden Krebsen, die euren sogenannten Hirschkäfern nicht unähnlich sind.

9. Was den sogenannten Springer und Ducker, der im Besitz nur eines Fußes ist, betrifft, so ist dieses Tier nichts anderes als eine Abart des schon bekannten Maulaffen; nur besitzt es bei weitem mehr Elastizität als der Fuß des Maulaffen, aus welchem Grunde seine Fortbewegung auch eine springende ist. „Ducker“ heißt er darum, weil er sich so zusammenzuziehen imstande ist, dass da in seinem Duckzustand er das Aussehen hat, als läge ein mittelgroßer Laib Brot auf der Erde. Wenn er aber dann springen will, so dehnt er sich plötzlich zu einer Länge von fünf Ellen aus. Durch dieses plötzliche Ausdehnen wirft er sich dann zu einer Höhe von zwei bis drei Klaftern – und das zwar allzeit in einer bogenartigen Richtung – vorwärts, so dass ein solcher Sprung nicht selten eine Weite von sechs bis sieben Klaftern erreicht. Dieses Springen setzt dieses Tier oft sehr schnell nacheinander fort und macht, besonders am Tag, eine so schnelle Bewegung, dass es jeden Vogel in der Luft einholt. Seine Nahrung ist gleich der des Maulaffen, und so auch seine Wohnung. Und so bewohnen solche Tiere nebst noch vielen anderen nur die Ebenen und kommen mit den Menschen in gar seltene Berührung, weil diese nur auf den Gebirgstriften wohnen.

10. Auf den Bergen aber findet sich außer dem bekannten Schaf und den ameisenartigen Insekten nur noch eine bedeutende Anzahl kleiner Vögel vor, deren größte kaum die Größe von euren Sperlingen erlangen; die kleinsten aber sind kaum etwas größer als die Fliegen bei euch.

11. Die Wässer sind ebenfalls belebt von allerlei Gattung Fischen, Würmern und vorzugsweise sehr vielen Krebsen, davon schon früher eine fliegende Gattung erwähnt wurde. Auch gibt es Schaltiere wie in den Meeren der Erde. Aus den Schaltieren ist vorzugsweise die sogenannte blaue Kugel merkwürdig, weil das ein Tier ist, das seinesgleichen auf Erden nicht findet. Diese blaue Kugel kann sich in zwei Halbkugeln teilen, welche mit kleinen Muskelbändern aneinanderhängen. Es nährt sich auf diese Art, dass es Würmer zwischen seinen beiden Halbkugeln zerquetscht, den Saft in sich saugt und die Larven dann wieder mit dem Wasser wegspült. Diese blaue Kugel, welche die Größe von einer großen Melone hat, hat diese Eigenschaft, dass sie zur Nachtzeit einen so starken Glanz auf ihrer Oberfläche bietet, dass dadurch die Flüsse und Seen einen viel helleren Schimmer bekommen als das Meer der Erde unter den Wendekreisen; denn ihr werdet wohl noch nicht wissen, dass das Meer unter den Wendekreisen der Erde so stark leuchtet wie in eurer Gegend der Schnee bei vollem Mond; gerade so, seht, leuchtet auch das Meer unter den Wendekreisen.

12. Alle übrigen Tiere des Mondes würden für euch weniger von irgendeinem Interesse sein, da sie fürs Erste mehr oder weniger Ähnlichkeit mit den Tieren der Erde haben – nur dass sie im Verhältnis viel kleiner sind – und fürs Zweite, weil ihr deren geistige Bestimmung für jetzt noch unmöglich erfassen könntet; und könntet ihr sie auch erfassen, so würde sie euch ebenso wenig nützen wie der Schnee, welcher tausend Jahre vor Adam auf die Erde gefallen ist.

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