Kapitel 4
![]() ![]() | Die natürliche Sonne |
(Am 11. August 1842 von 4 bis 5 3/4 Uhr Nachmittags.) 1. Vorerst wollen wir bei der Anschauung der Sonne ihre Lichthülle in den Augenschein nehmen, und das zwar aus dem Grunde, weil der vollkommene Sonnenplanet mit eben dieser seiner äußeren Umfassung erst zur Sonne wird. 2. Was ist denn diese Lichthülle in naturmäßiger Hinsicht betrachtet? Diese Lichthülle ist der eigentliche atmosphärische Luftkreis um den eigentlichen Sonnenplaneten herum, und ist nur an der äußersten Oberfläche also stark glänzend; gegen den Planeten selbst aber wird er immerwährend dunkler, so zwar, daß von dem eigentlichen Sonnenplaneten durch diesen Lichtstoffkreis eben so ungehindert in den freien Weltenraum hinausgesehen werden kann, als von irgend einem anderen Planeten; und ist eben diese Lichthülle, durch welche von keinem Planeten aus auf den eigentlichen Sonnenkörper zu schauen möglich ist, im höchsten Grade durchsichtig vom Sonnenplaneten selbst. 3. Ihr werdet hier nothwendiger Weise fragen: Wie ist denn Solches möglich, daß man könne durch diese allerintensivste Lichtmasse vom eigentlichen Sonnenplaneten aus ungehindert in die endlos weiten Fernen hinausschauen, während es doch die allerplatteste Unmöglichkeit ist, durch eben diese Lichtmasse von Außen herauf den innern Sonnenplaneten selbst zu schauen? — 4. Die Ursache von dieser Erscheinung ist sehr einfach, und liegt euch näher, als daß ihr es glauben möchtet. Ein ganz einfaches, euch wohlbekanntes Naturbeispiel wird euch die Sache völlig aufklären. Setzen wir den Fall, ihr ständet vor dem Fenster irgend eines Hauses, von welchem sich gerade die dahin fallenden Sonnenstrahlen auf euer Auge zurückwerfen; was seht ihr da? — Nichts als den grellen Wiederschein der Sonne aus dem Fenster, welcher euch ein unbesiegbares Hinderniß ist zu entdecken, was sich da hinter dem Fenster befindet. Wird dasselbe Hinderniß auch für Denjenigen, der hinter dem Fenster steht, ein Hinderniß sein hinaus zu schauen zum Fenster, und Alles recht genau zu beobachten, was in der Nähe und in der Ferne sich außer dem Fenster befindet; vorausgesetzt, daß das Glas des Fensters vollkommen gereiniget ist? — O nein! nicht im geringsten; während ihr außerhalb des Fensters nichts als die weißglänzende Glasscheibe erblicken werdet, wird Der innerhalb des Fensters recht bequem eure Haare zählen können. 5. Sehet, gerade so ist es auch mit der Sonne der Fall, da ihr eigenthümlicher Lichtglanz nichts Anderes ist, als zuerst eine Aufnahme aller der Strahlen von, einer Milliarde Sonnen, die sich auf dieser überweitgedehnten Sonnenenluftspiegeloberfläche nahe unendlich jede für sich abspiegeln; gerade also, wie sich die Sonne selbst auf einem andern Planeten zahllosfältig abspiegelt sowohl auf den festen Landes-Gegenständen, besonders aber auf der Oberfläche der Wasserfluthen, und zu allermeist auf der continuirlichen Luftoberfläche, welche da umziehet einen Planeten. 6. Ihr werdet hier fragen, und sagen: Warum ist denn unser Planet, die Erde, wie auch manche andere Planeten, die wir sehen, nicht auch von dem starken Lichtglanze umgeben, wie die Sonne, nachdem doch jeder Planet sich so gut wie die Sonne in der Mitte aller dieser Milliarden Sonnen befindet? — Wenn es denn also wäre, da müßte der Mond ja eben mit einem so starken Lichte leuchten, wie die Sonne, da auch er die Strahlen von allen denselben Milliarden Sonnen aufnehmen kann? — 7. Damit ihr den Ungrund dieser Behauptung recht klar vollends einsehen möget, so will Ich euch wieder durch ein Beispiel zurecht führen. Nehmet ihr einmal allerlei Glaskügelchen, von denen das kleinste nicht größer sein solle, wie ein grösstes Sandkörnchen; dann wieder eins so groß, wie ein Hanfkorn; wieder eins so groß wie eine Erbse, und wieder eins so groß wie eine rechte Nuß; eine wie ein mäßiger Apfel; eine wieder wie eine doppelte Faust; eine in der Größe eines Menschenkopfes, und so aufwärts bis zur Kugelgröße, die da hätte eine Klafter im Durchmesser. Alle diese Kugeln stellet ihr auf einen Platz hin, der von der Sonne beschienen wird und prüfet dann das zurückstrahlende Bild der Sonne auf jeder dieser verschieden großen Glaskugeln. Auf dem kleinsten Kügelchen werdet ihr kaum eines Schimmerpünktchens gewahr werden, auf dem zweiten werdet ihr schon ein etwas mehr leuchtendes Pünktlein erschauen und das vom dritten euch schon heftiger am Auge berühren. Das Bild der Sonne am vierten Kügelchen wird für euer Auge sogar schon einen merkbaren Durchmesser bekommen, und ihr werdet es eben nicht zu lange anschauen können; von ferneren Kügelchen wird das Licht schon wieder greller werden, und der Durchmesser des verkleinerten Sonnenbildes beiweitem merklicher. Wann ihr bei dieser Betrachtung zu der menschenkopfgroßen Kugel fortkommen werdet, da wird das Sonnenbild schon den Durchmesser einer großen Linse haben, und ihr werdet nicht mehr im Stande sein, es mit freiem Auge anzusehen. Auf der letzten und größten Kugel aber wird das Bild der Sonne schon einen Durchmesser von einem Zoll bekommen, allda ihr es dann um so weniger werdet mit freiem Auge anzusehen im Stande sein. 8. Nun seht, wie es sich mit diesen Glaskügelchen verhält bezüglich der Aufnahme des Lichtes aus der Sonne, gerade also verhält es sich mit den verschiedenen Weltkörpern. Diejenigen Fixsterne oder entfernteren Sonnen, die ihr bloß als Schimmerpünktchen von eurer Erde aus erschaut, diese selben Pünktchen, besonders diejenigen darunter, welche ihr von eurer Erde aus als Fixsterne erster, zweiter und dritter Größe kennet, erscheinen den Jupiterbewohnern schon so groß, als bei euch da ist ein silbernes Zwanzigkreuzerstück, und ein Zehnkreuzerstück und ein Fünfkreuzerstück; warum denn also? — 9. Weil der Planet Jupiter schon eine um nahe viertausendmal größere Glaskugel ist, als eure Erde, und daher auch das Bild der fernen Sonne nothwendigerweise in einem größeren Maßstabe aufnehmen muß, als euer viel kleinerer Erdplanet; aus welchem Grunde der Jupiter trotz seiner bei weitem größeren Entfernung von der Sonne aber dennoch ein viel stärkeres Licht hat, denn der beiweitem näher stehende Planet Mars, und so auch eure Erde selbst. 10. Nehmet ihr nun an, daß die Sonne über eine Millionmal größer ist denn eure Erde, so leuchtet es ja von selbst ein, daß dadurch alle noch so ferne stehenden Sonnen dieses Sonnenalls auf dieser Sonne weiten Luftoberfläche ein bedeutendes Lichtbild hervorrufen müssen, so zwar, daß da selbst die Sonnen ferne stehender Sonnengebiete, die auf eurer Erde selbst dem scharf bewaffneten Auge als ein Nebelfleck erscheinen, einen Durchmesser von 1, 2 bis 3 Zoll erlangen, und so stark leuchten, daß ihr ein solches Bild vermöge des starken Glanzes nicht eine Sekunde lang mit freiem Auge anzuschauen vermöchtet. 11. Nun denket euch erst die Abbilder näher stehender Sonnen, welche nicht selten einen Durchmesser von hundert bis tausend Quadratmeilen einnehmen, vervielfachet diese zahllosen Sonnenlichtbilder auf der weiten Sonnenluftkugeloberfläche, so werdet ihr dadurch zu einer solchen Lichtintensität gelangen, vor welcher euer ganzes Gemüth erschauern wird. 12. Sehet, das ist der eigentliche Grund des euch tagtäglich euren Planeten erleuchtenden Sonnenlichtes. Diese Erklärung aber wird euch das Frühere doch nothwendiger Weise erhellen, und ihr werdet leicht einsehen, wie die Bewohner des Sonnenplaneten gar wohl durch die scheinbare Lichthülle der Sonne recht wohl durchschauen können, während das Hineinschauen für jedes fleischliche Auge eine allerbarste Unmöglichkeit ist. 13. Solches wüßten wir demnach; dessen ungeachtet aber sehe Ich doch eine ganz versteckte Frage in euch, und diese lautet also: Diese aufgestellte Sonnenlichtglanztheorie scheint für sich ganz vollkommen richtig zu sein, daß nämlich dadurch die Sonnen in ihrer Gesammtheit sich also erleuchten; aber wenn jede Sonne also leuchtet, so fragt es sich, woher denn eigentlich dann alle zusammengenommen das Licht hernehmen, wenn jede ihr Licht nur durch die Aufnahme der Strahlen von anderen Sonnen bekommt, welches mit anderen Worten eben so viel sagen will, daß da keine Sonne für sich selbst ein Licht hat, sondern nur mit dem Widerscheine des Lichtes anderer Sonnen prangt; woher haben dann diese anderen Sonnen ihr Licht? Denn wenn die vorbenannte Lichttheorie vollkommen richtig ist, so ist jede Sonne an und für sich vollkommen finster; woher dann das Gegenstrahlen? 14. Sehet, das ist eine ganz gute Frage. — Da aber die Beantwortung dieser Frage für euer Verständniß etwas umständlicher sein muß, so soll diese erst in der nächsten Mittheilung erfolgen; und somit gut für heute. — |
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