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Kapitel 151 Robert Blum, Buch 2

Alles Bisherige war nur ein Voranfang zur Einführung in den wahren Himmel. Eintritt in das Museum. Eine Art Seelenfriedhof. Mysteriöse Inschriften.

(Am 19. Dez. 1849)

1. Rede Ich: „Ja, du Mein liebster Freund, wenn du schon das für einen vollkommenen Himmel ansiehst, was im Grunde noch so ganz eigentlich kein Himmel ist, sondern nur eine etwas bessere Geisterwelt, in der der eigentliche Himmel erst anfängt, in den Geist des Menschen einzufließen, auf dass er aus demselben heraus erst neu gestaltet wird – was wirst du denn erst dann sagen, so du in den wirklichen Himmel aus dir selbst heraus eingehen wirst?

2. Ich sage dir für ganz bestimmt, dass dies alles nur ein Voranfang des Voranfanges zum Eingang ins wahre Himmelreich ist. Schau, diese Urväter, Propheten, Apostel und die Mutter Maria mit dem Joseph könntest du ja gar nicht ansehen und behalten das Leben, so sie sich dir zeigten in ihrer eigentlichen Himmelsgestalt. Aber mache dir deshalb nur nichts daraus, denn deshalb bin Ich Selbst da, um euch alle nach und nach in den wahren Himmel einzuführen. Und Ich meine, dass Ich den besten Weg wohl am besten kennen werde.“

3. Spricht der Franziskaner: „Ja, Herr, dann ist der Robert Blum ja doch auch noch lange nicht in dem eigentlichen Himmel?“ – Rede Ich: „Ja freilich noch nicht! Dies Haus ist zwar schon seinem Herzen entsprossen und ist, insoweit wir es jetzt kennen und sehen, schon so ziemlich vollendet. Aber da gibt es noch zahllose Fächer und Gemächer, die dem Robert noch ebenso unbekannt sind, als wie dir. Aber mit der Weile und rechten Geduld wird euch noch alles bekannt werden.

4. Nun aber begeben wir uns durch die uns gegenüberstehende große Pforte in das Museum. Alldort werden euch allen die Augen ein wenig weiter aufgetan werden.“

5. Spricht der Franziskaner: „Herr, was werden wir in dem Museum denn doch wohl alles zu sehen bekommen?“ – Rede Ich: „Wirst es bald ersehen! Siehe, ein Teil unserer Gäste ist schon darinnen, und du hörst doch deren unbegrenztes Erstaunen. Und wir werden sogleich uns auch darinnen befinden. Siehe nur genau durch die Pforte, die hoch und breit genug ist, und du wirst so manches zu erschauen anfangen. Sage Mir aber, was du allenfalls schon erschaust!“

6. Der Franziskaner sieht hier sehr emsig von Ferne noch durch die große Pforte und sagt nach einer Weile: „Herr, das ist ganz verzweifelt sonderbar! Ich kann schauen, wie ich nur immer will, und erschaue nichts, als einen nach meinem Dafürhalten nahe endlosen Friedhof mit einer Unzahl von Grabmälern. Wahrlich, ein sehr sonderbares Museum das! Und je näher wir der Pforte kommen, desto klarer stellt sich ein unendlicher Friedhof meinen Blicken dar. Ich sehe nun auch schon eine Menge unserer vorangeeilten Gesellschaftsglieder sich um die Denkmäler, die über den Gräbern aufgerichtet sind, herumtummeln. Aber von irgendeinem freudigen Erstaunen vernehmen meine Ohren nichts, wohl aber hie und da Ausrufe wie von großem Entsetzen. – Herr, in diesem Museum werden wir sicherlich ganz verzweifelt wenig Amüsantes finden.“

7. Rede Ich: „Oh, sei du dessen unbesorgt! Ich sage es dir: Da wirst du unaussprechlich viel und wunderbar Amüsantes finden. Und nun schaue recht genau, da wir soeben durch die große Pforte in dies Museum eintreten, und sage Mir abermals, was du nun siehst!“

8. Spricht der Franziskaner: „Herr, was ich früher gesehen habe, das sehe ich nun auch wieder. Nur klarer und ausgeprägter tritt nun alles vor meine Augen. Aber wo sich unsere Gäste schon überall herumtummeln, das ist ja der Welt ungleich. Und nur, wie geschäftig sie sind! Mir kommen sie gerade so vor, als wie eine große Lämmerherde, die im Frühjahr zum ersten Mal auf die frische Weide hinausgetrieben wird. Da gibt's des Springens und Blökens auch kein Ende. Muss denn doch einmal so ein recht prachtvolles Grabdenkmal auch so recht fest in den Augenschein nehmen.“

9. Der Franziskaner tritt einem solchen Grabmal näher und bemerkt sobald eine erhabene Schrift auf einer schwarzen ovalen großen Platte. Er bemüht sich, diese Schrift zu lesen, bringt aber dennoch keinen Sinn heraus, weil da einige ihm ganz unbekannte Buchstaben vorkommen. Ganz demutsvoll wendet er sich dabei an Mich und bittet Mich, dass Ich ihm dieses Grabmals Schrift lesen und erläutern möchte.

10. Ich aber sage zu ihm: „Mein Freund, so wir in diesem Museum eines jeden Grabmals Denkschrift lesen und sie aus dem Gelesenen entziffern wollten, da hätten wir die ganze Ewigkeit vollauf bloß allein damit zu tun. Und es wäre dies gerade solch eine Arbeit, als so du berechnen wolltest, wie viele Samenkörner für eine künftige Fortpflanzung, die ins vollkommen Unendliche geht, schon in einem Samenkorn sich befinden. Siehe, um solche unendlichen Dinge zu begreifen, muss man nie beim Einzelnen anfangen, auch nicht bei dem Gegenstand, den man ergründen möchte, sondern allemal ganz einfach bei sich selbst. Verstehst du dein eigen Wesen, so wirst du auch alles andere verstehen und ergründen können. Aber solange du dir selbst nicht zur vollsten Klarheit geworden bist, da kann auch alles andere in dir zu keiner Klarheit werden. Wenn das Auge blind ist, woher soll der Mensch dann ein Licht bekommen und wissen, worauf er steht und was ihn umgibt? Ist aber das Auge hell, dann ist auch alles hell im Menschen und um den Menschen herum. Und geradeso ist es auch hier mit dem Geistmenschen.

11. Die Seele, als die eigentliche äußere substanzielle Form des Menschen, hat in sich eigentlich gar kein Licht, außer das von außen in sie hineindringt von anderen Wesen, die schon lange ein eigenes inneres Licht haben, und ihr Erkennen ist darum auch nur ein stückweises; denn welche Teile in ihr gerade unter den Brennpunkt eines Strahles von außen her zu stehen kommen, die werden dann von der Seele auch in ihrer Einzelheit also erkannt und beurteilt, als wie sie sich der Seele als erleuchtet vorstellen. Fällt das Licht aber von irgendeinem Teil auf einen anderen Teil, so tritt dadurch eine volle Vergessenheit über das früher Gesehene ein und etwas ganz anderes taucht dann wie ein Meteor in der Seele auf und wird von ihr so lange erkannt und beurteilt, als wie lange es sich im Licht befindet. Weicht durch eine Wendung das Licht von außen her auch wieder vom zweiten erleuchtet gewesenen Teil, dann ist es auch mit dem Verständnis der Seele über einen zweiten erleuchteten Teil in ihr gar. Und so könnte die Seele eine Ewigkeit um die andere sich von außen her in einem fort erleuchten lassen und würde nach einer Ewigkeit noch immer auf demselben Erkenntnispunkt stehen, als auf welchem sie vor einer Ewigkeit gestanden ist. (2. Tim. 3,7)

12. Aber etwas für dich bisher noch ganz unbegreiflich anderes ist es, so in der Seele der eigentliche lebendigste Geist vollkommen auftaucht und die ganze Seele von innen heraus auf das Hellste erleuchtet. Das ist dann ein ewiges hellstes Licht, das da nimmer erlischt und alle endlosen Teile in der Seele durch und durch erleuchtet, ernährt und wachsen und vollkommen sich entfalten macht. So also das in der Seele bewerkstelligt wird, dann braucht die Seele nicht mehr einzelne Teile zu lernen, sondern da ist dann alles auf einmal in der Seele zur vollen Klarheit gediehen. Und der also vollends wiedergeborene Geistmensch braucht dann nicht mehr zu fragen und zu sagen: ‚Herr, was ist dies und was ist jenes?‘ Denn der also wiedergeborene Geistmensch dringt dann selbst in alle Tiefen Meiner göttlichen Weisheit.

13. Damit du aber die Wahrheit des dir nun Gesagten desto gründlicher einsehen magst, so will Ich dir nun auch diese Schrift lesen. Und du wirst dadurch sogleich tausend Fragen in dir entstehen sehen. Und so habe denn Acht! Denn so lautet das hier Geschriebene:

14. ‚Die Ruhe ruht gleich dem Tod tatlos. Aber dies Ruhen ist dennoch kein Ruhen, sondern eine Hemmung der Bewegung. Räumt hinweg die Hemmpunkte, und die Ruhe wird zur Bewegung wieder. Die Bewegung selbst aber ist dennoch keine Bewegung, sondern ein Suchen eines Ruhepunktes. Und ist der Ruhepunkt gefunden und die Bewegung zur Ruhe geworden, dann ist die Ruhe wieder keine Ruhe, sondern ein fortwährendes Streben nach der Bewegung, die auch sobald wieder erfolgt, als wie bald die Hemmpunkte hinweggeschafft werden, durch die aus der Bewegung eine Ruhe ward. Und so gibt es eine Ruhe ohne Ruhe und eine Bewegung ohne Bewegung. Die Ruhe ist eine Bewegung, und die Bewegung ist eine Ruhe. Ja, es gibt im Grunde weder eine Ruhe noch eine Bewegung. Denn beide heben sich fortwährend auf, so wie eine gleich bejahende und eine gleich verneinende Größe. O Welt, die du unter diesem Stein ruhst, du ruhst nicht, sondern bewegst dich in deinem Bestreben, das da ist deine sündige Schwere. Jetzt reifst du dem Leben entgegen. Deine Hemmbande suchst du unablässig zu zerreißen. Und so sie zerrissen sein werden, dann wirst du stürzen hinaus ins Unendliche, und wirst im Unendlichen wieder suchen, was du nun hast. Ein Leben weilt, ein Leben flieht; aber das weilende will fliehen, und das fliehende sucht die Weile. Gott, Du Urquell des wahren Lebens, gib der Ruhe die wahre Ruhe und der Bewegung die wahre Bewegung!‘

15. Sage Mir nun, hast du diese Inschrift nun verstanden?“ – Spricht der Franziskaner: „Herr, das war für mich rein japanisch! Mehr kann ich Dir darüber nicht sagen. Aber erläutere uns das doch ein wenig mehr!“

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