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Kapitel 155 Robert Blum, Buch 2

Die hl. Gesellschaft bei der Piramide. Vom Wesen des Menschen, – was der Leib im Grunde ist. Auferstehung des Fleisches; vom jüngsten Tage. Nothwendigkeit und Zweck der Vollendung, und dsgl. der Nachfolger Jesu.

(Am 4. Jan. 1850)

1. In ein paar Augenblicken sind wir an Ort und Stelle; die vielen andern Gäste, die von den Aposteln geführet wurden, wie auch die Urväter machen uns in größter Ehrerbietung Platz, und wir treten dem großen Denkmale näher, das nahe so aussieht, wie allenfalls eine Piramide Egyptens, nur nicht in dem alten rohen Baustile.

2. Auf der Spitze der Piramide ist eine große Goldkugel angebracht, und jede Stufe der Piramide ist mit einem breiten Goldreife umfangen, in welchem allerlei Inschriften eingegraben sind. In die Piramide führt von der Nordseite her nur eine Thüre, durch die man ordnungsmäßigerweise in's Innere gelangen kann. Einige Ellen hinter dem Eingange sind nach rechts und links zwei Seitengänge, und noch etwas tiefer hinter diesen beiden Seitengängen befindet sich eine Treppe in die Tiefe hinab, und eine in die Höhe hinaufführend. Obschon aber die Piramide äußerlich von lauter undurchsichtigen schweren Steinen erbauet zu sein scheint, durch die kein Licht ins Innere dieses riesigen Denkmales zu dringen vermöchte, so sind aber im Innern dennoch alle die vielen Räume so gut erleuchtet, daß man alles ganz gut ausnehmen kann, was sich darinnen vorfindet.

3. Der schon überaus neugierige Frzk. Ciprian fragt Mich, sagend: „O Herr, Du bester Vater, was wohl hat dieses zu bedeuten? so eine ungeheure Piramide muß auch eine ungeheure Bedeutung haben.“ – Rede Ich: „Mein lieber Freund, habe nur eine kleine Geduld! denn so einen Holzbaum haut kein Holzknecht mit einem Hiebe auseinander; es hat wohl auf der Erde einen heidnischen König von Mazedonien Namens Alexander gegeben, der den berühmten gordischen Knoten mit einem mächtigen Schwerthiebe entwirrte, aber auf diese Art und Weise werden hier im Reiche der reinen Geister die Wirrknoten nicht gelöset, sondern mit der gerechten Weile und Geduld; daher also nur ein wenig mehr Geduld, Mein lieber Freund Ciprian!“

4. Der Franziskaner giebt sich auf diese Worte ganz zufrieden, und sagt blos hinzu: „Herr, Du bester Vater, Du hast ewig vollkommen recht! Wir leben ja nun nicht mehr in der naturmäßigen Welt, wo die lose flüchtige Zeit wie ein Sturmwind dahineilt; hier ist die unvergängliche Ewigkeit, und in ihr dürften wir denn doch Weile in größter Fülle haben, um uns alle Einsicht zu verschaffen, die uns hier noth thut; was bliebe uns am Ende aber auch übrig, so wir mit einem Schlage in alle die himmlische Weisheit hinein fielen? alsbald darauf eine ewige Langweile; daher nun nur langsam voran und voraus, sonst wird aus der ewigen Freude noch eine ew'ge Langweil daraus!“ – Spr. der Graf: „Aber Freund, mir scheint, du fängst schon wieder an ein wenig satirisch zu werden. Ich sag' es dir: Nehme dich in Acht; denn der Ort, wo du stehest, ist heilig! daher lasse endlich ab von solchen faden Witzeleien!“

5. Rede Ich: „Nur keinen Streit hier! Du Bruder Ludwig hast zwar recht; aber des Ciprian Bemerkung hat auch etwas für sich. Daher nun allen Streit beiseite; denn wir haben hier viel wichtigere Dinge vor uns, als einen Streit über eine einzelne Schafswolldecke. Gehe du Freund Ciprian dafür lieber hin zum Robert, und beheiße ihn samt seiner Gemahlin zu Mir! Denn er muß hier bei dieser Gelegenheit die Hauptrolle übernehmen.“

6. Ciprian verneigt sich tiefst vor Mir, und richtet schnell den Auftrag an den Robert aus; Robert kommt aber auch samt seiner Helena schnell zu Mir, und bittet Mich um die Kundgabe Meines Willens;

7. und Ich sage zu ihm: „Liebster Freund, Bruder und Sohn Robert; siehe dieß Museum, das du mit deiner Gemahlin nach allen Richtungen hin mit großer Aufmerksamkeit betrachtet hast, ist auch ein wesentlicher Theil deines Hauses, und Ich will ihn gerade dir ganz besonders an's Herz legen. Du hast bisher schon viel gethan, und große Dinge vollbracht, so daß Ich mit dir hoch zufrieden zu sein allen Grund habe, dein Geist ist ganz in der schönsten Ordnung; aber deine Seele hat noch hie und da zu wenig Consistenz, was auch nicht anders sein kann, weil deinen Leib die Verwesung noch nicht vollends aufgelöset hat. Aber hier ist der Ort, wo du zur vollen Konsistenz deiner Seele gelangen kannst, und auch gelangen wirst; aber es gehört so manches sehr wohl zu beachten dazu.

8. Siehe, der Leib eines jeden Menschen ist ein wahres Millionengemenge von allen möglichen Leidenschaften der Hölle, die in eine gerichtete Form zusammengefaßt sind. Du hast doch einmal etwas von der Auferstehung der Todten wie der Lebendigen gehört, wie auch von einer Auferstehung des Fleisches, und auch nicht minder von einem sogenannten jüngsten Tage, an dem von Mir alle, die in den Gräbern sind, auferwecket werden, entweder zum Leben, oder – nach ihren Werken – zum ewigen Tode.

9. Siehe, hier ist der Ort, wo Ich dir diese Geheimnisse eröffnen muß, und das nach deiner eigenen Natur und Beschaffenheit; und durch dich dann erst Allen, die hier mit dir aus nahe der gleichen Ursache wegen hierher in die Geisterwelt gekommen sind, und in deinem Hause die Aufnahme finden mußten, indem sie schon auf der Erde mehr oder weniger in deinem Geiste lebten, durch Gedanken, Gesinnungen, Worte, Wünsche, und mitunter auch Werke.

10. Du warst aus allen diesen der Erste, den Ich hier aufnahm, und für dein ferneres Bestehen und Fortkommen sorgte; also mußt du auch hier, wo es sich um die endliche Vollendung handelt, auch der Erste sein, der diese an sich zu bewerkstelligen anfängt, und vollführet, auf daß sie dann auch an alle Anderen übergehen kann.

11. Ich habe es schon erwähnt, daß deine Seele noch keine eigentliche Konsistenz oder Festigkeit erreicht hat; wie aber solle diese erreichet werden? Ich sage es dir, und somit auch allen Andern:

12. Wie Ich als der Herr, Meinem Menschlichen nach euch allenthalben voranging, und eine gute unverwüstbare Bahn legte, so müsset ihr Alle Mir auf dieser und derselben in Allem nachwandeln, so ihr zum ewigen Leben wahrhaftigst gelangen wollet. –

13. Ich bin nicht nur der Seele und dem Geiste nach auferstanden, sondern hauptsächlich dem Leibe nach; denn Meine Seele und Mein urewigster Gottgeist bedurften wohl keiner Auferstehung, da es doch zu der Unmöglichkeiten größten gehört hätte, als Gott getödtet werden zu können. Wie Ich Selbst aber also dem Leibe nach auferstanden bin als ein ewiger Sieger über allen Tod, also müsset ihr Alle auch euren Leibern nach auferstehen; denn Mich als vollends Gott könnet ihr erst in eurem auferstandenen, geläuterten und verklärten Fleische anschauen. Das Fleisch aber ist im Gericht, und dieses muß dem Fleische benommen werden, ansonst es nimmer zur Festung der Seele dienen möchte.

14. Sieh' an diese Gräber! siehe, sie alle bergen dein ganz vollkommen eigenes Fleisch, gesondert nach seinen Millionen von gerichteten Theilen, aus denen es zusammengefüget war. Die Wesen, die du unter den Grabmälern entdecket hast, sind im Grunde nur Erscheinlichkeit der verschiedenen Wünsche, Begierden und Leidenschaften, die du in deinem Fleische als gerichtete Theile deines ganzen Naturwesens beherbergtest. Diese müssen nun geläutert werden durch allerlei Mittel, um sodann deiner Seele zu einem wahrhaften festen lebendigen Kleide zu werden.

15. Wie aber Ich aus Meiner höchst eigenen Kraft und Macht Mein Fleisch erweckte, also müsset auch ihr Alle, durch die Kraft Meines Geistes in euch, an dieß wichtigste Werk euch machen, und es zur wahren Vollendung bringen. Denn wer wahrhaft Mein Kind sein will, der muß Mir in allem gleichen, und alles das thun, was Ich gethan habe, und noch thue, und thun werde.

16. Aber nun machst du Robert große Augen, und fragst Mich in deinem Herzen: Herr! was ist das, wie werde ich das zu bewerkstelligen im Stande sein? – Geduld! du sollst es sogleich erfahren.

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