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Kapitel 165 Robert Blum, Buch 2

Kado, Fortsetzung. Szene in der Hölle. Des HErrn Winke über Wesen und Grund in der Hölle (wie die Saat, so die Ernte), und über die in der Schöpfung nöthigen Extreme, und wie daselbst die zugelassene Qual der Hölle – auch Gnade ist, zur möglichen Umkehr.

1. Als er sich nun allein befindet, so sagt er bei sich (Kado): „Dank der Hölle, daß ich diese beiden faden Luder endlich einmal los geworden bin. Ha, da seh' ich ja Bekannte, mehrere meiner Gesellen, ja sogar meinen einstigen Prinzipal. No, das wird ein Jubel sein, so wir zusammen kommen werden, und uns gar leicht wieder erkennen. Sehen doch noch Alle wie auf der dummen Welt aus!“

(Am 5. Febr. 1850)

2. Die Schaar nähert sich ihm stets mehr und mehr, und sein vormaliger Prinzipal, ihn erkennend, stürzt mit grauser Hast auf ihn los, packt ihn an der Kehle, und schreiet fürchterlich pfeifend: „Ha! Schurke, elender Hund! bist du einmal hier, damit ich dir's zahle für das, daß du durch ein schändlichstes Mittel dir meine Königstochter zum Weibe zu verschaffen dich erfrechet hast. Warte, du elender Schurke der Schurken, diese Schmach sollst du mir nun in einem Schwitzbade büßen, daß dir darob das Hören und Sehen für ewig vergehen solle. Ich hatte viel auszustehen, unbeschreibliche Schmerzen sind mir hier zugefügt worden, durch Flammen und Gluth, aber keiner ärger als der, daß ich hier im Orte der Qualen und Schrecken erfahren mußte, daß ein elendster gemeinster Hund meine erhabenste Königstochter sich zum Weibe gemacht hat. Aber dafür sollst du Hund mir nun auch auf eine Art gezüchtigt werden, wovon der ganzen Hölle noch nie etwas geträumet hat.“

3. Auf diese Worte macht der Ludwig B. folgende Bemerkung zum Dismas, P. Thomas und dem General: „No, das ist ein sehr löblicher Empfang, ganz gehorsamer Diener! Der König Prinzipal scheint auch ein ganz verzweifelt starker Kerl zu sein; denn der Kado kann, trotz alles seines ernstlichen Ringens, aus den mächtigen Krallen seines Prinzipals sich nimmer loswinden. Nun kommen auch wahrscheinlich seine alten Helfers-Helfer herbei, und o verflucht! nein, da vergeht wahrhaft dem beherztesten Geiste buchstäblich das Hören und Sehen. Mit ganz glühenden Stricken umwickeln sie ihn nun, wie die Spinne mit ihrem zähen Fadenschleime eine Fliege, die sich zufällig in ihr Netz verirret hat. Kado raucht nun von allen Seiten, und schreiet erbärmlich um Hülfe. O Herr, das ist gräßlich! Da, da, sehet hin, wie sie ihn vor sich nun stoßen und hinwälzen wie einen Glühknaul, und dort im finstersten Hintergrunde sehe ich einen Thron wie von ganz weißglühendem Metalle; gegen diesen Thron wälzen sie stets heftiger den sehr zu bedauernden Kado-Knaul! was wird denn da geschehen? Sollte etwa da das verheißne Schwitzbad sein? O verflucht! Herr! gar sehr bitte ich dich, vergebe mir meine Sünden! Aber das ist zu arg; sie stellen ihn richtig auf den Thron hinauf, von dem nun von allen Seiten her lichterlohe Flammen schlagen, und er wird extra noch mit glühenden Ketten an den Thron gefesselt; und dieß schaudererregendste Schmerzgeheul von Seite des geknebelten Kado! Herr! willst Du mir so viel Macht einräumen, daß ich hingehe, und den Kado frei mache? Und da, da sieh! nun kommen Andere mit glühenden Spießen, und fangen ihn an von allen Seiten zu durchstoßen; von jeder Wunde fließt eine gräßlich dampfende Glühmasse. Herr! ich bitte Dich um alles, was Du willst, gebe mir Macht, und laß mich hineilen, zu befreien diesen wahrhaftigst ärmsten Teufel.“

4. Rede Ich: „Lasse du das gut sein, und sei froh, daß zwischen uns und ihnen eine unübersteigliche Kluft gestellet ist, sonst würden auch die Auserwählten zur Qual kommen. Warte aber nur ein wenig ab; es wird diese Sache bald ein ganz anderes Gesicht bekommen; denn der zu große allerunausstehlichste Schmerz wird den Kado bald zum Meister seiner Fesseln machen, dann wirst du den zweiten Akt eines höllischen Drama's zu Gesichte bekommen.“

5. Spr. der Bath.: „O Herr! ich bin schon mit diesem über alle Maßen zufrieden, und wie ich's aus allen Gesichtern lese, auch alle andern hier Seienden. Auch die allerliebste Helena scheint mehr als genug zu haben.“ – Spr. die Helena ganz erschüttert: „Mehr als übergenug! denn das ist gräßlich, übergräßlich!“

6. Rede Ich: „Meine lieben Kindlein! Ich sage es euch, ihr müsset das sehen, auf daß ihr vollkommen rein werden möget; denn ein jeder Engel muß auch die Hölle kennen, wie sie beschaffen ist, und was da für Früchte aus ihrer bösen Liebe erwachsen. Denket ja nicht, als ließe Ich so was geschehen wie aus einer Art Zorn und Rache; o das ist ferne Meinem Vaterherzen; aber ihr wisset es, daß ein jeglicher Same seine bestimmten Früchte trägt, und jede That auch eine bestimmte Folge haben muß, wie jedwede Ursache ihre bestimmte Wirkung, und das alles wegen der ewigen Ordnung aus Mir selbst, ohne die nie auch ein Atom hätte erschaffen werden können, und ohne die noch viel weniger an irgend eine Erhaltung des Geschaffenen zu denken wäre. Nun aber hat dieser Geist also sehr wider die für ihn freilich nothwendig freigestellte Ordnung gehandelt, daß er durch solch sein Handeln sich selbst die nothwendig höchst traurige Folge hat bereiten müssen, die wir früher wegen der Erhaltung der allgemeinsten ewigen Ordnung nicht abändern dürfen und können, als bis das Wesen dieses vor unseren Augen nun höchst Unglücklichen durch die schmerzhaftesten Folgen seiner früheren Handlungen zu andern Handlungen getrieben wird aus ihm selbst, die dann auch andere, entweder bessere, oder aber wohl auch noch schlimmere Folgen nach sich ziehen werden!

7. So Jemand einen guten Samen in die Erde legt, so wird daraus auch eine gute Frucht erwachsen; legt aber Jemand statt des Weizenkornes den Samen einer Tollkirsche ins Erdreich, so wird er wegen der ewigen Ordnung doch auch nur wieder eine Tollkirsche und keinen Waizen ernten.

8. Es dürfte Mir aber leichtlich Jemand einwenden und sagen: Wäre alles Recht, o Herr; aber Du hättest Deine Ordnung denn doch nicht in so ungeheuer grelle Extreme treiben sollen. Gut sage Ich, und sage aber dazu blos fragend: Ist das Lichtextrem einer Sonne darum zu beklagen als ein Fehler Meiner Ordnung, dieweil wegen seiner außerordentlichen Extremität jedes Auge erblindet, das da so toll wäre, stundenlang unverwandt in die Sonne zu schauen? Oder ist das Feuer, das alles Verzehrende, etwa doch mit einem zu vehementen Hitzgrade begabt? Ist nicht die Last eines Berges zu groß, die Schnelligkeit des Blitzes zu groß, die Kälte des Eises zu intensiv, und die Masse des Meerwassers zu ungeheuer? Wie sähe es aber mit einer Welt aus, auf der die Ordnung in den Elementen nicht so bestellet wäre? So des Feuers höchster Hitzgrad nur lau wäre, könnte es wohl die harten Metalle zerschmelzen? Oder wie weich müßten die Metalle wohl sein, auf daß sie in den Fluß kämen schon bei einer wenig gradigen Wärme? Wären aber die Metalle also weich, wozu könnten sie dann nütze sein? Wäre aber die ganze Erde etwa so weich wie eine Butter, welches Geschöpf von nur einigem Gewichte würde auf so einer butterweichen Welt oder Erde bestehen können? So die Sonne nicht ein so intensivstes Licht besäße, würde sie dann wohl auch im Stande sein, aus Entfernungen von sehr vielen Millionen Meilen nach irdischem Maße die für den Planeten erforderliche Wärme, und das über alle Maßen nöthige Licht zu bieten?

9. Es möchte vielleicht Jemand den Gedanken haben, und bei ihm selber sagen: Es sollen ja alle Extreme sein und bestehen, aber wozu ist denn bei den Menschen die enorme Schmerzfähigkeit gut? Warum hat er eine tausendfach größere Empfindlichkeit für Schmerzen und Leiden als wie für Wohlthun, und für Empfindungen beseligender Reize? Die Antwort auf diese Frage ist eine überaus handgreiflich leichte. Stellet ihr euch die Menschheit als rein schmerzunfähig vor; gebet ihr dann ein vollkommen freies Erkenntnißvermögen und einen vollends freien Willen, sanktioniret dann aber auch die Gesetze wie ihr wollet, und es wird Niemand ein Gesetz beobachten; denn wer keine Empfänglichkeit für Schmerzen hat, der hat auch keine für was immer für eine Lust. Oder würden gaile Menschen, so sie nur mit einer puren Lustempfindlichkeit begabt wären, sich nicht in aller Kürze gänzlich verstümmeln, so sie bei einem allfälligen Abtrennen eines oder des andern Gliedes, statt des schützenden Schmerzes nur Lust und Wohlthun empfänden?

10. Dieser vor uns nun aus übergroßem Schmerze heulende Kado wäre sicher für ewig verloren, so er schmerzunfähig wäre, so aber wird er in seinem Hochmuthswahne wohl vielleicht noch eine sehr geraume Zeit den schroffsten Trotz bieten; aber so ihn am Ende der Schmerz zu intensiv erfassen wird, so wird er am Ende mit sich auch sehr handeln zu lassen anfangen, und wird sich auf bessere Wege begeben!

11. Ihr sehet nun aus diesen Meinen Worten sehr leicht, daß da jede Fähigkeit und Beschaffenheit eines Menschen wie auch jeden andern Wesens aus Meiner ewigen Ordnung bestens berathen und berechnet ist, und darf an ihr kein Häkchen fehlen, so der Mensch vollkommen das werden soll, was er werden kann; so aber Alles das also sein muß, da müsset ihr aber hier neben Mir auch keine so schiefen Gedanken in euch aufsteigen lassen, sondern sollet stets so denken: Was Jemand selbst will, trotz den großen damit verbundenen und ihm wohlbekannten Nachtheilen, dem geschieht dann auch ewig kein Unrecht, und ginge es ihm auch noch tausend Male schlechter als es ihm gehet. Nun aber gebet weiter Achtung auf die vor euren Augen vor sich gehende Handlung; und du Meine allerliebste Helena sehe auch hin, und erzähle es uns, was du siehst.“

12. Spricht die Helena: „O Herr, da ist es ja nimmer hin zu sehen! Denn das ist zu ungeheuer gräßlich! O wohl dir Robert Uraniel, daß du das nicht mit uns schauest! Du würdest erstarren vor Grauen!“ – Rede Ich: „Meine allerliebste Helena, sorge dich nicht um den Robert; er sieht diese Szene eben so gut, wo nicht noch besser als du; denn im Geisterreiche giebt es keine Ferne, von der aus man irgend ein Faktum weniger klar sehen würde, als so man ganz in der Nähe sich zu befinden meint; in dieser Welt giebt es ganz andere Nähen und Fernen, und diese befinden sich lediglich im Herzen eines jeden Geistes; je inniger sich irgend Geister lieben, desto näher sind sie sich auch; je schwächer aber da ist ihre gegenseitige Liebe, desto ferner sind sie sich auch; verstehest du das? Ja, du verstehest es; darum sehe nun nur muthig die Szene an.“

13. Die Helena schauet nun mit mehr Muth und Ergebung nach der Szene hin, da sie nun einsieht, daß die Sache, wie sie sich auch immer gestalten möge, unmöglich anders sein kann, als wie sie wegen des Gesamtbestandes der ewigen Ordnung zufolge sein muß.

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