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Kapitel 172 Robert Blum, Buch 2

Kado's verzweiflungsvolles Selbstgespräch, und Erdenlebensgeschichte. Die höllische Minerva im Staatswagen naht sich dem Kado, ihre Anrede, und seine drohende Antwort.

(Am 26. Febr. 1850)

1. (Miklosch fährt fort zu berichten): „Nun starrt er wieder ganz trübsinnig vor sich hin, und wirft dann und wann einen Blick nach der entsetzlichen Grotte hin, aus deren schaudervollstem Hintergrunde nun stets gewaltigere Flammen emporzuschlagen anfangen, begleitet von einem fürchterlich unheimlichen Tosen und von zahllosen Stimmen, wie sie nur ein höchster Schmerz einem Gemarterten erpressen kann.

2. Dem Kado stehen die Haare zu Berge; in seiner Miene malt sich Furcht und Verzweiflung, und in seinem Innern wird es zornglühend. Nun faßt er einen Stein fest in seine Hand, und spricht mit bebender Stimme (Kado): 'O komm nur du, mir durch deine Quälteufel beansagte Minerva, du Urgrund alles Uebels! Dieser Stein soll dir dein Gehirn messen, wie viel der grausamsten Weisheit etwa doch im selben vorhanden sein möchte. Ein Gott oder ein Teufel gebe mir Antwort: Wer sind die Gequälten, wer quält sie, und was ist ihre Schuld? Keine Antwort? auch aus der Hölle keine? Das ist schon die Art der Mächtigen, daß sie die Stimme eines armen Teufels als rein null und nichtig betrachten. Mein Herz, du fragst umsonst; die Hölle ist taub und der Himmel zu entsetzlich ferne von hier. Hier giebt es keinen Trost mehr für dich; du bist verloren, verloren – auf ewig! Gewöhne dich an die Gräuel, so hier eine Angewöhnung überhaupt möglich ist; das ist noch der einzige Scheintrost, den ich dir bieten kann. Gewöhne dich an die Verzweiflung, an die Diamanthärte der Beherrscher der Hölle, an die Ferne von Gott, und an die ewige Unzulänglichkeit jeder deiner an den Himmel gerichteten Bitten. Aber welch eine schaudervollste Angewöhnung wird das werden? Auf der Erde ging es zwar, daß ich mich angewöhnen konnte an alle die Gräuel, die zu verüben ich von meinem Prinzipale genöthigt wurde; aber damals war ich ein rohstes und aller Menschenbildung barstes menschliches Raubthier; ich hatte von keiner Religion auch nur einen allerleisesten Begriff. Erst als ich Selbstherrscher ward, griechisch lesen und schreiben lernte, und dabei zu einer geraubten griechischen Bibel kam, da ward ich auch in meinem Leben zum ersten Male über das Dasein eines allmächtigen Gottes belehret;

3. ich las das neue Testament, und machte da Bekanntschaft mit dem berühmten Juden Jesus, dessen Lehre sehr viel für sich hatte, bis auf einige Widersprüche. Ich ließ mir einen sogenannten Geistlichen an meinen Hof bringen, daß er mir erläutere diese alte Schrift. Aber was war das für eine Erklärung!? Ein jedes alte Weib hätte mir sicher eine ebenso gute, wo nicht bessere gegeben. Der Pfaffe verlangte von mir blos Opfer zur Sühne meiner Sünden, und verbot mir das weitere Forschen in solchen Büchern, durch die des Menschen Geist getödtet werde. Ich sah, daß der Geistliche ein Lump war, ärger denn ich, und ließ ihn darum gehen, und legte auch die Schrift zur Seite. So ich nun dadurch zu einem Teufel ward, so frage ich, ob ich daran wohl alle Schuld trage? Aber frage, mein Herz, die Allmacht, und sie wird dich keiner Antwort würdigen.

4. So der Soldat, der mit Schlingen und Ketten zu diesem Stande gezogen ward, auf dem Schlachtfelde Menschen ermorden muß, kann eine höchstweise Gottheit ihm das in sein Schuldbuch schreiben, und ihn dann als einen Mörder rechtens verdammen? Nein, und ewig nein! das kann sie nicht mit dem Rechte wahrer Weisheit. Ist aber der Gottheit Weisheit auch mit dem eitlen Dunste ihres göttlichen Allmachtsdünkels umnebelt, da freilich muß einem armen Teufel in aller seiner Nichtigkeit und Schwäche alles recht sein, was die Allmacht über ihn verfügt-. Aber was hadre ich! geht es etwa nicht schon präparativ für die armen Teufel auf der Erde also zu? Die allmächtige Gottheit ruft sie ins Dasein auf ein Territorium, auf dem für sie kein Gräschen wächst; und nehmen sie sich eines ohne den Willen des privilegirten Besitzers, so haben sie schon das Gesetz als Diebe am Genicke, während der Reiche im eigentlichsten Sinn gar nicht stehlen kann, da ja ohnehin alles sein ist. O du schöne Weisheit und Gerechtigkeit, die dem Reichen giebt im Uebermaße, und den Armen verhungern läßt.'“

5. (Miklosch weiter): „Nun werden die Flammen sehr thätig, die da aus dem Hintergrunde der Grotte hervorbrechen, und Blitze fahren in einer Unzahl von eben diesen Flammen in allen Richtungen hin über die große Fläche des stets schauderhaft wogenden Glühmeeres. Ich gewahre nun ein starkes Drängen im Hintergrunde der entsetzlichen Grotte; ich kann mir in meinem Gefühle wahrlich nicht helfen; es sieht zwar die Grotte an und für sich betrachtet nicht anders aus, als wie ich auf der Erde schon so manche Grotte gesehen habe, nur mit dem einzigen sichtlichen Unterschiede, daß da diese Grotte voll des allesverzehrendsten Feuers ist; aber alles dessen ungeachtet macht sie auf mein Gemüth dennoch einen allergräßlichsten Eindruck; wie muß sie erst dem Kado vorkommen, der da in der gemeinten sichern Anwartschaft stehet, über kurz oder lang in diese zu gelangen! O tausend, o tausend; nun fängt es aber in der Grotte schon ganz entsetzlich zu toben und zu wüthen an. Flammen schießen hervor, als so sie von einer allergewaltigsten Esse getrieben würden, und ganze Bündel von den mächtigsten Blitzen fahren empor zu den noch in unverrückter Ordnung weilenden Himmelsschaaren, die aller dieser gräuelhaftesten Machination ganz gleichgültig zusehen, gleichsam als sehen sie gar nicht, was da alles vor sich geht.

6. Aber nun läßt sich aus der Grotte wie ein gar heftiges Angstgejammer vernehmen! – Das Gejammer kommt näher und näher, und der Kado hält sich die Ohren zu; no, der muß dieses elendste Geschrei, Geheul und Gebrüll gar gut vernehmen. Ah, ah, ah, das ist großartig teuflisch merkwürdig! Nun kommt aus der innersten Grotte ein Prachtexemplar von einem nach Römer Art gemachten kaiserlichen Galawagen von 6 glühenden Drachen bespannt zum Vorscheine, und im Wagen, der selbst ganz glühend zu sein scheint, sitzet im Ernste eine Art Minerva, in ihrer Rechten eine Art Szepter, und in ihrer Linken eine glühende Lanze haltend.

7. Sie gebietet nun dem Glühmeere Ruhe, und siehe, das Meer scheint ihre Sprache nicht zu verstehen; denn es ist stets gleich unruhig. Aber jetzt winket sie mit dem Szepter in den Hintergrund zurück, und sogleich stürzen eine Unzahl ganz verzweifelt teuflisch aussehender Geister aus den Flammen unter gräßlichem Geheul hervor. Sie gebietet ihnen, die Wogen des Glühmeeres zu bändigen und niederzuhalten. Die Teufel unter allen erdenklichen Geschmeißgestaltungen werfen sich sogleich auf die glühenden Wogen, und bringen richtig eine etwas bedeutendere Ruhe zuwege. Aber es scheint diese Ruhe der Göttin noch nicht zu behagen; deßhalb ruft sie noch eine größere Menge solcher Geister hervor; diese stürzen mit großer Wuth hervor, und decken mit ihrer Scheußlichkeit nahe die ganze sichtbare Oberfläche des Gluthenmeeres, und es ist die Oberfläche nun ganz ruhig, so weit sie von diesen Scheusalen bedeckt ist.

8. Nun erst fängt sie an weiter zu fahren, und wie ich's merke, nimmt sie die Richtung gerade gegen den vor Entsetzen schon nahe ganz starr gewordenen Kado. Dieser aber versieht sich nun mit Steinen, und wie ich's merke, so bezeichnet er sie zum Theile mit dem Namen Jeoua, und zum Theile auch mit Deinem Namen Jesus von Nazareth, König der Juden. Er sieht ganz verzweifelt grimmig aus, und droht schon von weitem der sich ihm nahenden Minerva.

9. Diese aber herrschet ihm entgegen (Minerva): 'Wage es nur, meine Majestät zu beleidigen, so du in tausend mal tausend Stücke zerrissen sein willst. Siehe, ich komme zu dir, um dich glücklich zu machen, und du willst mich steinigen! O du elender blinder Thor! was ist deine Macht gegen die meinige. Sieh', die ganze Schöpfung, alle zahllosen Sterne und Welten sind aus Mir; ein Hauch aus Meinem Munde verwehet sie auf ewig in einem Nu, und du willst mit mir einen Kampf beginnen? O du tollster Thor! Sehe und höre mich vorerst; dann versuche dich an mir!' – Spricht Kado: 'Das ist mir ein Teufel, ob schön oder häßlich, oder ob mächtig oder schwächer denn eine Mücke; das ist wie gesagt mir ganz gleich. Ich warne dich, nahe dich mir nicht, sonst sollst du ganz verdammt schlecht bedient werden; denn ich verachte dich bis in den tiefsten Abgrund der Hölle, die von A-Z dein Werk ist. O du bildschönster Satan von einer Minerva, meinst denn du, mit deiner reizendsten Gestalt wirst du mich bestechen oder verlocken, daß ich mich dir ergebe! Packe ein mit allen deinen Reizen; wahrlich nicht einmal mit meinem Kothe möchte ich deiner Haut zarteste Stellen beschmieren. Fahre ab, sonst sollst du die Wurfkraft meiner Hände zum verkosten bekommen, sieh diesen Stein; Jeoua ist sein Name!'“

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