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Kapitel 6 Die zwölf Stunden

Sechste Stunde

Hunger und Verderben

Beladung eines Zuckerschiffes. Schiffsuntergang. Kannibalismus. Ein englischer Verbrecher-Transport. Die unschuldig Deportierte.

1. Nachdem ihr euch hinreichend sattsam auf einem Punkt des nördlichen Amerikas umgesehen habt, so wollen wir unsere Blicke an der Tafel wieder zur Seeküste hinlenken und uns allda noch ein paar Augenblicke lang verweilen, bis dieses große Schiff, das ihr hier an der Küste seht, voll bepackt wird mit Zucker; alsdann erst wollen wir mit diesem Schiff eine Reise mitmachen, dahin das Schiff seine Segel richten wird.

2. Nun seht noch ein wenig daher auf den Punkt; seht, wie auf den vielen Karren die Sklaven große Fässer und Kisten daher ans Ufer schleppen. Seht dahier einen schweren, wagenähnlichen Karren, wie er einem kleinen Berg gleich mit Kisten bepackt ist; seht, wie vor diesem Karren bei vierzig Sklaven Ochsen gleich eingespannt sind, und die Sklavenvögte sie mit Peitschenhieben zur Frachtbeschleunigung zwingen, und wie an jeder Seite dieses Wagenberges eine Menge Sklaven denselben mit Gabeln und Stricken vor dem Umfallen schützen müssen, und sobald der Wagen nur irgendeine kaum merkliche Schwingung macht, die grausame Peitsche über ihren Nacken geschwungen wird.

3. Und seht, nun sind sie der Küste schon ziemlich nahegekommen; es ging gut mit dem Wagen. Aber ihr habt es nicht bemerkt, ein Rad des Wagens unterlag dem Gewicht, zerbricht, und seht, bei zwanzig Sklaven liegen nun zerquetscht unter der großen Last des zu mächtig bepackten Wagens, und die andere Hälfte wird darob, da sie den Wagen nicht aufhielt, mörderisch misshandelt, und auch der ziehenden Sklaven wird bei dieser Gelegenheit nicht geschont, wie ihr seht, und weil in der Höhe des Wagens eine schlecht beschlagene Kiste durch den gewaltigen Sturz kaum drei Lot des Zuckermehls aus einer Spalte verstreut hatte, so müssen diesen großen Schaden wenigstens drei Sklaven mit ihrem Leben entgelten; und alle Schuld, die an diesen scheußlichen Vögten und ihrer fast ununterbrochenen Besoffenheit liegt, müssen diese unschuldigen Lämmer der Menschheit entgelten.

4. Nun seht, jetzt haben die Wüteriche sich satt gegeißelt; also wird erst eine neue Ordnung getroffen, neue und kleinere Karren werden herbeigeschafft, und mit denen werden nun all diese Kisten unter Heulen und Klagen der Sklaven ans Ufer gebracht.

5. Nun seht, ist alles dahergebracht. Der Engländer übernimmt die Ware, und macht Richtigkeit dafür mit dem gegenwärtigen Buchhalter des Zuckerplantagen-Inhabers.

6. Nun müssen diese Kisten aber auch noch in das Schiff gebracht werden, und diese Arbeit wird in dem Handel mit verstanden, und fällt nun wieder den Sklaven zur Last.

7. Seht, wie sie in kleine Fahrzeuge die oft viele Zentner schweren Kisten hineinheben; aber glücklicherweise fällt ihnen doch keine ins Meer, was manchmal wohl zu geschehen pflegt, besonders wenn irgendein Sklavenvogt zu viel Branntwein in seinen Magen gegossen und seine armen Untergebenen zum Zeitvertreib misshandelt hat.

8. Wenn dann bei solchen Gelegenheiten ein so ungeheurer Schaden geschieht, dass die geschwächten Glieder der Sklaven nicht imstande sind, eine solche Kiste vollends ins Fahrzeug zu heben, und diese ihnen ins Wasser fällt, und wenn sie auch alsobald von den Sklaven herausgefischt wird, und kein Tropfen Wasser hineingedrungen ist zu ihrem Inhalt, so werden solche unachtsame Arbeiter entweder zu Tode fast gepeitscht, oder manchmal nach der grausamen Laune solcher Vögte auch alsogleich erschossen und ins Meer geworfen.

9. Und diese Armen sind erst dann außer aller Gefahr, wenn all die Ware glücklich ins Schiff gebracht worden ist, woselbst dann natürlich die Karren wieder zurückgenommen werden, statt der Kisten sich die Vögte darauf lagern, wo es dann zu ihrer Lustbarkeit und ihrem Vergnügen in beständigem Galopp gehen muss, welches Schnellfuhrwerk sie mit ihrem Peitschengeschnalze gar wohl zu bewerkstelligen wissen.

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